Anstellen

[382] Anstêllen, verb. reg. welches in seinen meisten Bedeutungen das Factitivum von anstehen ist. Es bedeutet aber,

[382] 1. Überhaupt, eine Sache an die andere stellen, d.i. stehen machen, ohne Rücksicht auf das Verhältniß mit andern Dingen.

1) In eigentlicher Bedeutung, in welcher es aber nicht üblich ist, weil man sich in derselben lieber des einfachen stellen mit dem Vorworte an bedienet.

2) In weiterer Bedeutung. Sich anstellen, sich auf einen Hasen anstellen, bey den Jägern, sich an einen Ort stellen, und auf einen Hasen oder anderes Wildbret lauern. Arbeiter anstellen, oder zu etwas anstellen, bestellen, gleichsam an die aufgegebene Arbeit stellen, wofür man auch anlegen sagt. Holzhacker, Leute zum Treibejagen, Gräber u.s.f. anstellen. Im Lateine der mittlern Zeiten adponere. In Oberdeutschland gebraucht man dieses Wort in noch weiterer Bedeutung von allen Ämtern und Bedienungen. Einen als Hofrath, als Einnehmer, zum Amtmanne anstellen. Hierher gehöret auch der figürliche Gebrauch, der aber alle Mahl einen nachtheiligen Nebenbegriff hat. Einen zu etwas anstellen, anstiften, zu einer bösen oder unanständigen Handlung bewegen. Er ist von bösen Leuten angestellet worden, mich zu beschimpfen. Sein eigener Bruder hat ihn dazu angestellet. Im Niedersächsischen wird auch das einfache stellen in diesem Verstande gebraucht. Das Bild ist ohne Zweifel von einem Jäger hergenommen, der sich zum Untergange des Wildes hinterlistig an einen Ort stellet.

3) * Figürlich, und zwar, (a) in Rücksicht auf die unterbrochene Bewegung, anstehen machen, den Fortgang einer Sache hemmen. Ein Geschäft, Uneinigkeiten, Feindseligkeiten anstellen. Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen völlig veraltet. Sie muß aber ehedem sehr üblich gewesen seyn, wie aus den vielen Beyspielen erhellet, die Haltaus h. v. davon anführet. (b) In Rücksicht auf die Ruhe, in welche eine Sache nach unterbrochener Bewegung geräth. Hierher gehören vermuthlich die im gemeinen Leben und einigen Lebensarten so gewöhnlichen Redensarten, Aquavit, gebrannte Wasser, Dinte anstellen, die dazu nöthigen Dinge vermischen und einweichen. Essig anstellen, ihn in Ruhe setzen, damit er sauer werde. Eine Blauküpe anstellen, bey den Färbern, die Farbe in derselben zubereiten. Bier anstellen, oder stellen, die Hefen hinein thun, und es zum Gähren in Ruhe stellen.

2. In Rücksicht auf die Ordnung und auf das Verhältniß mit andern Dingen, welcher Begriff in dem einfachen Zeitworte stellen liegt, aber hier nur in den figürlichen Bedeutungen vorkommt.

1) Anstalt zu etwas machen, veranstalten, eine Sache nach allen ihren Umständen zur Wirklichkeit bringen, doch nur in einigen bereits eingeführten Fällen. Eine Reise, einen Tanz, ein Gastmahl, eine Lust, ein Spiel, eine Klage, eine Untersuchung anstellen.

2) Anordnen, einrichten; nach dem Muster des Lat. instituere. Er weiß alle seine Sachen sehr klug anzustellen. Sein Leben nach etwas anstellen. Wie soll ich meine Sachen anstellen? Zuweilen auch in nachtheiliger Bedeutung, für anstiften. Wer hat das angestellet? Ingleichen, etwas mit einem anstellen, verabreden, gleichfalls im nachtheiligen Verstande. Sie haben es mit einander angestellet. Es ist ein angestelltes Spiel, ein angestellter Handel.

3) In noch weiterer Bedeutung, mit Überlegung die wirkende Ursache von etwas seyn, mit Bedacht und Überlegung hervor bringen; doch nur in einigen wenigen Fällen. Betrachtungen über etwas anstellen. Erlauben sie mir, daß ich eine Vergleichung zwischen mir und ihnen anstelle. Ein Gespräch mit sich selbst anstellen. Einen Versuch anstellen.

4) Von der Einrichtung der Geberden, und des ganzen äußern Betragens bey einer Handlung. Er stellt sich sehr ungeschickt[383] bey oder zu dieser Arbeit an. Er stellte sich so dumm dazu an, als nur möglich war. Ich weiß schon, wie er sich in dergleichen Sachen anzustellen pflegt.

5) Im Äußern eine Gestalt annehmen, die man nicht wirklich hat, im mittlern Lateine adsimulare. Sich freundlich, zornig anstellen. Er stellt sich an, als wenn er mein Freund wäre.


Wie sollt es wohl in solchen Fällen

Noch möglich seyn, sich fühllos anzustellen?

Gell.


S. auch das einfache Stellen, welches in dieser Bedeutung beynahe üblicher ist.

Das Hauptwort die Anstellung kann von der Handlung des Anstellens in allen Bedeutungen gebraucht werden. In einigen Fällen ist indessen auch Anstalt üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 382-384.
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