Aufbiethen

[476] Aufbiethen, verb. irreg. act. (S. Biethen,) welches nach Maßgebung des verschiedenen Gebrauches des einfachen Verbi auch von verschiedener Bedeutung ist.

1. So fern biethen, für befehlen gebraucht wird, bedeutet aufbiethen eigentlich, befehlen aufzustehen, welche Bedeutung aber nicht gebräuchlich ist. Indessen ist noch die figürliche davon vorhanden, die Unterthanen zu Krieges- oder andern Diensten berufen, an einigen Orten auch aufmahnen. Alle junge Mannschaft aufbiethen. Das Landvolk aufbiethen. Den zehenten[476] Mann aufbiethen. Der aufgebothene Adel. Die Bauern zur Verfolgung eines Übelthäters, zur Jagdfrohne u.s.f. aufbiethen. Luther gebraucht dafür aufgebiethen. Als nun Judas hörete, wie greulich man mit seinen Brüdern gehandelt hätte, geboth er seinen Leuten auf, 2. Maccab. 12, 5. Ingleichen aufbiethen. Und ließ den Juden auch aufbiethen, 1. Maccab. 9, 63; welche im Hochdeutschen ungewöhnliche Verbindung mit dem Dative noch jetzt in der Schweiz üblich ist. Im Oberdeutschen sagt man auch, ein Frauenzimmer zum Tanze aufbiethen, wofür im Hochdeutschen auffordern gewöhnlicher ist.

2. Von biethen, verkündigen, bekannt machen, hat das zusammen gesetzte aufbiethen folgende Bedeutungen. 1) Ein Paar Verlobte aufbiethen, ihre bevor stehende Verbindung von der Kanzel öffentlich bekannt machen; in Oberdeutschland verkünden, abbiethen, abrufen, ausrufen, in Niedersachsen abkündigen. Daher rühret vermuthlich auch der im niedrigen Umgange übliche Gebrauch für ausschelten, schmähen. 2) Feil biethen, ausbiethen. In einer öffentlichen Auction aufbiethen. Welche Bedeutung im Hollsteinischen am gewöhnlichsten ist. 3) Gerichtlich aufkündigen, aufsagen. Ein Pfand aufbiethen, dem Eigenthümer dessen Einlösung anbefehlen. Diese Bedeutung, von welcher Haltaus v. Aufbiethen nachgesehen werden kann, ist noch nicht veraltet, wenigstens kommt sie noch unter den Deutschen in Petersburg vor.

3. * Von biethen, reichen, war dieses Zeitwort ehedem auch für aufheben, in die Höhe halten, üblich, daher man auch sagte, mit aufgebothenen Fingern schwören. S. Haltaus v. Aufgeboten. Allein diese Bedeutung wird im Hochdeutschen nicht mehr gebraucht.

Daher die Aufbiethung in allen obigen Fällen. S. auch Aufgeboth.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 476-477.
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