Augenlied, das

[563] Das Augenlied, des -es, plur. die -er, die bewegliche Decke über und unter den Augen. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist das alte Lid, ein Gelenke, welches noch jetzt in Niedersachsen üblich ist, wo es einen Deckel, der an einem Gewinde beweglich ist, bedeutet. S. Glied. In einem alten Vocabelbuche von 1482 wird es auch Augengelied geschrieben. Im Niedersächsischen heißt es Ogenlid, im Schwedischen Ögonhwarf, von war, decken, und im Angelsächsischen Eaghringar. Daß das Augenlied, und besonders die daran befindlichen Haare, die Augenwimpern, ehedem auch Augenbraune und Augenbrün genannt worden, ist schon bey dem Worte Augenbraune angemerket worden. Luther hat den Plural einige Mahl, als Ps. 11, 4; Sprichw. 4, 25; Kap. 30, 13; Jerem. 9, 18, Augenliede gemacht, vermuthlich auf Veranlassung der Niedersächsischen Mundart, wo Lid in der Mehrheit Lide hat.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 563.
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