Auslassen

[610] Auslassen, verb. irreg. act. (S. Lassen,) welches, so wie die meisten mit lassen zusammen gesetzten Verba, ein anderes Verbum voraus setzet. Es bedeutet aber, 1) ausschmelzen, oder ausfließen lassen. Butter, Fett, Talg auslassen, ausschmelzen. Ausgelassene Butter. 2) Aus einander lassen. Ein Kleid auslassen, bey den Schneidern, es durch Austrennung einer eingeschlagenen Naht weiter machen. Den Leithund auslassen, bey den Jägern, ihm das Seil nachlassen. 3) Ausbleiben lassen, weglassen. Eine Stelle, ein Wort auslassen. Ein ausgelassenes Wort. 4) * Ausgehen lassen, von dem Feuer. Den Ofen auslassen, in den Schmelzhütten, aufhören zu arbeiten, Schicht machen. 5) Hinaus lassen. (a) Eigentlich. Einen auslassen, aus dem Zimmer. Das Vieh auslassen, aus dem Stalle. (b) Figürlich, bekannt werden lassen. (1) * Einen Befehl auslassen, in Oberdeutschland, wofür man im Hochdeutschen lieber erlassen sagt. (2) Seine Gedanken über etwas auslassen, bekannt machen. Ingleichen metonymisch, sich über etwas auslassen, seine Gedanken darüber durch Worte an den Tag geben. Er ließ sich hierüber sehr nachdrücklich gegen mich aus.


Weil ihre falsche Zunge sich

Hat ausgelassen wider mich,

Opitz, Ps. 109.


Ob es gleich in dieser absoluten Bedeutung im Hochdeutschen nicht mehr gebräuchlich ist. (3) * Sich auslassen, sich zeigen, eine im Hochdeutschen seltene Bedeutung. Wie dieses Gaben der Natur sind, also hat menschliche Kunst und Arbeit sich hierbey nicht weniger ausgelassen, Opitz.


Der Vers erfordert Muth, der Muth entspringt vom Himmel;

Giebt dieser Sonnenschein, so läßt sich jener aus,

Günth.


(4) Freyen Lauf lassen, ausbrechen lassen. Seine Empfindlichkeit über etwas auslassen. Lassen sie doch ihren Eifer nicht an mir aus, Gell. Dann wird dein Freund noch ein Mahl seinen Zorn für die Sache der Tugend auslassen, Dusch. Lassen sie ihren Schmerz in verdiente Verwünschungen aus, Less. Sie würde alle ihre Wuth (edler, ihre ganze Wuth) gegen diese Unschuldige auslassen, ebend. (5) Gehöret hierher auch das Particip. Passiv. ausgelassen, denjenigen sittlichen Zustand zu bezeichnen, da man seine Begierden, besonders den Trieb zur Lustigkeit ohne alle Einschränkung zu befriedigen sucht. Er ist ganz ausgelassen, auf eine ausschweifende Art lustig. Ein ausgelassener Mensch. Warum soll ich denn auf eine ausgelassene Art lustig seyn? Gell. S. auch Ausgelassenheit.

So auch die Auslassung in allen eigentlichen Bedeutungen des Verbi.

Anm. Die Figur in der letzten Bedeutung scheinet von dem jungen Viehe hergenommen zu seyn, welches seine Freude auf eine ausschweifende Art an den Tag leget, wenn es aus den Ställen gelassen wird. Auf dieses Bild scheinet Opitz gezielet zu haben, wenn er an einem Orte fragt:


Wo ist der tolle Mars nicht leider ausgelassen?


Eben derselbe gebraucht das Verbum auslassen in diesem Verstande auch in einer guten Bedeutung, für seine Freude durch äußerliche Zeichen an den Tag legen:


[610] Ich lasse mich vor Freuden aus,

Weil ich kann sehen und verstehen u.s.f.

Ps. 122.


Es lasse nunmehr Gottes Haus,

Der Berg Zion sich fröhlich aus,

Ps. 48.


Welches aber im Hochdeutschen nicht nachgeahmet werden darf. Übrigens kommt Uzlazen, Uzlazzen, und Uzliazzen, in der eigentlichen Bedeutung schon bey dem Notker und Ottfried vor.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 610-611.
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