Ausschweifen

[642] Ausschweifen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.

I. Als ein Activum. 1) Durch Schweifen, oder Schwänken reinigen, doch am häufigsten im Oberdeutschen, für ausschwänken; S. Schweifen. Ein Glas ausschweifen. Den Mund ausschweifen. Die Wäsche, die Wolle ausschweifen. S. auch Abschweifen.

2) Eine ausschweifende, d.i. von der geraden Linie abgehende, Gestalt geben. Ein Hemd am Halse ausschweifen, rund ausschneiden. Am häufigsten ist dieses Wort bey den Tischlern üblich, wenn sie ihren Arbeiten eine bogenartige Gestalt geben, oder sie mit solchen Zierathen versehen.

II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, von der geraden Linie abweichen, doch nur am häufigsten in folgenden figürlichen Bedeutungen. 1) Im Reden von seiner Hauptabsicht abweichen, Dinge vortragen, welche nicht unmittelbar zur Sache gehören; im Oberdeutschen abschweifen. Von seinem Vorhaben, von seiner Materie ausschweifen. Ein Redner, welcher in seinem Vortrage sehr ausschweifet. 2) Von der gehörigen Mittelstraße abweichen. Im Trinken, im Spiele, in der Liebe ausschweifen. Beschwöre ihn, seinen Schmerz nicht ausschweifen zu lassen. Eine ausschweifende Freude. Ausschweifende, (abenteuerliche) Gedanken. Ein ausschweifender (liederlicher) Mensch.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 642.
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