Bahre, die

[693] Die Bahre, plur. die -n, im gemeinen Leben, ein Werkzeug zum Tragen, welches aus zwey Stangen bestehet, die mit Querhölzern verbunden sind; edler eine Trage. Daher die Mistbahre,[693] die Handbahre, die Todtenbahre, welche letztere auch nur schlechthin die Bahre genannt wird. In Thüringen ist Radebahre, oder Radebärge, ein Schiebekarren, zum Unterschiede von einer Tragebahre, welcher Ausdruck sonst ein Pleonasmus seyn würde; und ein Netz, worin man Fische trägt, wird in Schwaben eine Fischbär und bey den Minnesingern Bere genannt. Bey den Papiermachern ist die Bahre oder der Seihekasten ein kleiner Trog, welcher statt des Bodens einen feinen wollenen Zeug hat, die Unreinigkeiten des Wassers von dem Wasserkasten abzuhalten.

Anm. 1. Der Nahme dieses Werkzeuges ist sehr alt, heut zu Tage aber besonders den Niederdeutschen Mundarten eigen, wo es Barre, Berrje, Böre, Bärge, Borge u.s.f. gesprochen wird. Das Alemannische Baru und Bara, das heutige Oberdeutsche Par, das Schwed. Bår, das Dänische Baar, das Engl. Barrow, das Franz. Bar, und Biere, das Ital. Bara und Barra, bedeuten insgesammt theils eine jede Bahre, theils ins besondere eine Todtenbahre, zuweilen aber auch einen Sarg. Ja Herodotus versichert, daß die Ägyptier einen Kahn, worin die Todten abgeführet wurden, Barin genannt. S. Barke. Das Stammwort ist das noch im Niedersächsischen so übliche bären, oder bören, tragen, heben, welches mit dem Alemannischen peran, dem Gothischen bairan, dem Schwedischen baera, dem Dänischen bäre, dem Angels. baeran, dem Engl. to bear, und to wear, dem Wendischen bieru, beru, dem Lateinischen ferre und Griechischen θερειν, alle in der Bedeutung des Tragens, einerley ist. Vermuthlich gehöret auch das Griechische βαρος, eine Last hierher. S. auch Bar, die Endung, Gebären, Pferd, und Schwer.

Anm. 2. Die alten Schreibarten kennen in diesem Worte kein h. Erst in den neuern Zeiten hat man angefangen, es bald Baare, bald Bahre zu schreiben, wovon doch die letzte Form den Vorzug erhalten hat. S. die Orthogr. Th. 1, S. 249, 282.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 693-694.
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