Bārt, der

[738] Der Bārt, des -es, plur. die Bǟrte, Diminutivum das Bǟrtchen, im Oberdeutschen das Bǟrtlein. 1. Die Haare am Kinne und über den Lefzen der Männer und gewisser Thiere. Den Bart scheren, abscheren, abnehmen. Sich den Bart putzen. Es in seinen Bart hinein lügen, im gemeinen Leben figürlich, auf eine unverschämte Art lügen; vermuthlich von der alten Gewohnheit bey seinem Barte zu schwören. Etwas in den Bart hinein murmeln, leise. Um des Kaisers Bart streiten, um eine Sache streiten, woran man kein Recht hat, noch haben kann; wofür die Franzosen sagen, se debattre de la chape à l'Eveque. Über des Kaisers Bart streiten, über eine unbedeutende, unerhebliche Sache. Vermuthlich von dem Barte Kaiser Carls des Großen, über dessen Beschaffenheit ehedem viel gestritten wurde. In weiterer Bedeutung, doch nur in niedrigen Ausdrücken, wird nicht allein das Kinn, sondern auch das Gesicht unter diesem Ausdrucke verstanden. Einem etwas in den Bart sagen, es ihm ungescheut unter die Augen sagen. Ingleichen die ganze Person, in einigen zusammen gesetzten verächtlichen Ausdrücken, z.B. ein Graubart.

2. Figürlich von einiger Ähnlichkeit. 1) An den Schlüsseln der unten an der Röhre befindliche hervor ragende Theil, welcher eigentlich das Schließen verrichtet, und auch der Kamm heißet. 2) An den Austern der so genannte Schweif, der das zarte Fleisch umgibt. 3) An dem schwarzen Wildbrete wird der Rüssel von den Jägern auch der Bart, oder das Gebreche genannt. 4) An den[738] zinnernen Orgelpfeifen sind es zwey Stücke zinnernes Blech, womit sie gestimmet werden. 5) Die Läppchen am Halse eines Hahnes. 6) In der Kräuterkunde das unterste Blatt an den helmförmigen Blumen, welches allezeit drey Einschnitte hat. 7) Lange Grannen an einigen Getreidearten, z.B. der Gerste. S. auch Bartgerste und Barthafer. 8) An den Kometen, diejenigen Strahlen, die der Komet nach der Seite des Himmels wirft, wohin seine Bewegung ihn zu tragen scheinet, im Gegensatze des Schweifes. 9) Der Gang setzt einen Bart, sagen die Bergleute, wenn er in der Sicherung Erz oder Steine führet. 10) In dem Bergbaue ist der Bart ein Holz mit halb abgeschnitzten Spänen, das Feuer in der Grube damit anzuzünden; ingleichen, 11) ein Holz, welches die Stürzer an die Tonne befestigen, denen so unten sind, ein Zeichen damit zu geben. Dagegen man 12) in den Schmelzhütten das gepochte Erz, welches im Waschtroge sitzen bleibet, einen Bart zu nennen pfleget; und so in andern Fällen mehr.

Anm. Bart kommt mit Barba genau überein. Bey den Wallisern lautet dieses Wort Barf, im Engl. Barb und Beart, in der Crimm Bars und Barda. Die Slavonischen Mundarten versetzen das r; daher heißt der Bart bey den Krainern, Böhmen und Russen Brada. Wachter glaubt, daß das alte Bar, ein Mann, oder baren, zeigen, das Stammwort sey; allein Bart ist zu alt, als daß man dessen Ursprung mit Gewißheit sollte angeben können. Sonst könnte man noch auf Borst rathen. S. dieses Wort.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 738-739.
Lizenz:
Faksimiles:
738 | 739
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Adelung-1793: Jupiters-Bart, der