Beschwèrde, die

[908] Die Beschwèrde, plur. die -en, alles, wodurch eine Sache schwer gemacht wird, eine Last; doch nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) Dasjenige, dessen Leistung schwer fällt, oder was man mit Widerwillen thut. In dieser Bedeutung werden alle diejenigen thätigen Verbindlichkeiten der Unterthanen gegen ihre Obrigkeit Beschwerden genannt, weil man sie schon von den ältesten Zeiten an als eine Last angesehen hat. Bürgerliche Beschwerden, wozu die Bürger oder Einwohner eines Landes verpflichtet sind, und wohin so wohl die persönlichen Dienste, die Heeresfolge, Wachhaltung u.s.f. als auch alle Steuern und Gaben gerechnet werden. In diesem Verstande ist das Wort ein allgemeiner Ausdruck, der alle besondere Arten unter sich begreift, und am häufigsten im Plural gebraucht wird. 2) Was man mit Widerwillen erduldet, alles, was unangenehme Empfindungen hervor bringet, und diese Empfindungen selbst. Hauptbeschwerden, Gliederbeschwerden, Mutterbeschwerden, Krankheiten des Hauptes, der Glieder, der Mutter. Ingleichen Noth, Gram, Sorgen u.s.f. welche letztere Bedeutung aber im Hochdeutschen, wenigstens in der edlern Schreibart, zu veralten anfängt, wozu vielleicht die Dichter der vorigen Jahre Anlaß gegeben haben, die dieses Wort um der Beqemlichkeit des Reimes willen, besonders in der veralteten Form Beschwer, gar sehr gemißbraucht haben. 3) Die Äußerung dieser unangenehmen Empfindung durch Worte; doch nur in engerer Bedeutung, von einer solchen Äußerung über das unrechtmäßige Verhalten anderer bey einem Obern, dagegen das Verbum sich beschweren in weiterer Bedeutung gebraucht wird. Beschwerde, oder Beschwerden über etwas führen, darüber Klage erheben. Es sind große Beschwerden wider dich eingelaufen.

Anm. Beswerde kommt schon in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter vor. Indessen scheinet doch Swer oder Swere die älteste Form dieses Wortes zu seyn, in welcher es für körperlichen Schaden, Gram, Sorge, Noth u.s.f. häufig bey den Schwäbischen Dichtern vorkommt; z.B.


Ein swere an minen herzen lit

Die kan mir nieman darabe genemen,

Kraft von Toggenburg.


Hieraus ward nachmahls das Hauptwort die Beschwer, welches in eben derselben Bedeutung sehr oft bey dem Opitz angetroffen wird; z.B.


Erlöse dieses Land von Furchten und Beschwer.


Ingleichen:


O führe Herr auch aus Beschwer,

Die noch bestrickt sind, wieder her,

Ps. 126.


Die Hochdeutschen Dichter haben es in dieser Gestalt noch sehr lange beybehalten, aber die Neuern haben es wegen des davon gemachten Mißbrauches veralten lassen. Schwer und Beschwer werden auch zuweilen als Neutra gefunden, welches Geschlecht auch in einigen Oberdeutschen Gegenden Beschwerde hat; das Beschwerd. In eben dieser Mundart ist dafür auch das und die Beschwerniß üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 908.
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