Betrèffen

[942] Betrèffen, verb. irreg. S. Treffen. 1) Über einer bösen That antreffen, Nieders. bedrapen. Er ist im Diebstahle, oder über[942] dem Diebstahle betroffen worden. Einen auf dem fahlen Pferde betreffen. S. Pferd.


Du kommst ans Kreuz so bald man dich betrifft,

Hag.


Obgleich diese Bedeutung im Niedersächsischen am üblichsten ist, so hat man doch im Hochdeutschen von derselben das Mittelwort betroffen für bestürzt, denjenigen Gemüthszustand auszudrucken, in welchem sich der befindet, der über einer bösen That betroffen worden. Er ward ganz betroffen, als er mich sahe. Sie sann betroffen nach, Gell. Ich ward betroffen, eine allgemeine Bewegung zu hören, Less.


Du zauderst, fuhr sie fort, du schweigst, und bist betroffen,

Wiel.


2) Eine unerwartete unangenehme Veränderung von außen erleiden. Es hat ihn vieles Unglück, ein großer Verlust betroffen. 3) Der Gegenstand einer Veränderung seyn; und zwar, (1) der Gegenstand, auf welchen eine Bewegung gerichtet ist, doch nur in figürlicher Bedeutung. Die Sache betrifft mich, gehet mich an. Was mich betrifft. Ich will thun, als wenn es mich selbst beträfe. Betreffen druckt in dieser Bedeutung mehr das Ziel der Bewegung aus, angehen aber auch den Antheil, den das Herz oder das Gemüth daran nimmt, oder nehmen soll. Da träumete – einem jeglichen sein Traum, deß Deutung ihn betraf, 1 Mos. 41, 11, ist also wider den Sprachgebrauch. Die gemeinen Oberdeutschen Mundarten lieben auch hier, doch aus bloßer Liebe zu langen Wörtern, das verlängerte anbetreffen. Mich, dich betreffend, und ähnliche Wortfügungen mit dem Participio der gegenwärtigen Zeit lassen sich eher in der Kanzelleysprache, als in der edlen Schreibart entschuldigen. Übrigens ist betreffen in dieser und der folgenden Bedeutung ein Activum, ob es gleich dem Gebrauche nach ein Neutrum ist, wenigstens nicht im Passivo gebraucht werden kann. (2) Der Gegenstand seyn, um welchen eine Veränderung geschiehet, gleichsam der Preis derselben seyn. Es betrifft die Wohlfahrt des ganzen Landes. Es betrifft Leib und Leben. Der ganze Streit betraf zehn Thaler. Die Sache betrifft mein Glück. Das Substantiv die Betreffung ist nicht üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 942-943.
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