Blicken

[1073] Blicken, verb. reg. welches in einer doppelten Gattung üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1. Einen kurzen, schnell vorüber gehenden Schein von sich geben. 1) Eigentlich. Die Sonne blickt durch die Wolken. Das Silber blickt auf dem Treibeherde, wenn es, indem es von dem Bleye[1073] verlassen wird, einen schnellen farbigen Schein von sich gibt. Außer diesen beyden Fällen wird es heut zu Tage im Hochdeutschen in dieser Bedeutung wohl nicht mehr üblich seyn. Ehedem gebrauchte man es auch in andern Fällen, theils für blitzen, wovon noch bey dem Logau ein Beyspiel vorkommt:


Der Donner, den der Hofehimmel schickt,

Trifft, ehe man es merkt, daß er geblickt.


In ältern Zeiten kommt diese Bedeutung noch häufiger vor. S. Blitzen. Theils auch für blinken, glänzen. Die Wagen – – blicken wie Fackeln, Nahum 2, 4.


Nicht kehre mir den Rücken,

Laß ja dein Antlitz blicken

Als meiner Seelen Licht,

Opitz.


2) Figürlich, zum Vorscheine kommen. Was läßt sich da blicken? Laß dich nie wieder vor mir blicken. Wo er sich nur blicken lässet, da umringt ihn eine Schaar frohlockender Bürger. Nach einer noch weitern Figur. Was für eine Verachtung aller andern blickt ihm nicht aus jeder Miene! Less. Die Armuth blickt bey ihm überall hervor. Viele Härte blicken lassen, äußern, verrathen, zeigen.

2. Schnell, mit einer einzigen Bewegung der Augen sehen. Ich blickte nur dahin, so ward ich es gewahr. Nach etwas blicken. Seitwärts blicken.


Wir dürfen nur recht zärtlich auf sie blicken,

Gell.


II. Als ein Factitivum, blicken lassen, in der höhern Schreibart, und mit der vierten Endung des Nennwortes. Sein wildes Auge blickte Tod und Verwüstung um sich her. Grimmige unbekannte Thiere, oder die gar Feuer speieten – – oder grausame Funken aus den Augen blickten, Weish. 11, 19. Auf ähnliche Art heißt in der Mahler- und Zeichenkunst, blicken, das Licht heller machen, es gleichsam blicken lassen, im Gegensatze des Druckens, oder der Verdunkelung des Schattens.

Anm. Blicken, Holländ. blyken, Angels. blican, Schwed. blicka, ist eigentlich das Frequentativum und Intensivum von bliga, welches noch im Schwedischen für ansehen üblich ist, und welches Herr Ihre von dem Griech. λαω, ich sehe, herleitet. Noch näher kann man es von dem alten Oberdeutschen in Schwaben noch üblichen lugen, sehen, ableiten. Das b ist die Vorsylbe be, welche in mehrern Wörtern ihr e verloren hat. S. auch Belugsen, Ablugsen, Blühen und Licht. Die ältesten Alemannischen und Fränkischen Schriftsteller gebrauchen es für blitzen, welches ein Frequentativum von einem andern gleichbedeutenden Worte ist. S. dieses Wort. Blicken und blecken gehören genau zusammen, und der Analogie zu Folge, sollte jenes das Neutrum, dieses aber das Activum seyn; allein man hat sie beyde schon von Alters her häufig mit einander verwechselt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1073-1074.
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