Bocksbeutel, der

[1107] Der Bocksbeutel, des -s, plur. inus. ein vornehmlich in Hamburg bekanntes Wort, wo es alle hergebrachten Gewohnheiten und alten Gebräuche ausdruckt. Kirchliche Bocksbeuteley, kirchliche Gebräuche und Eifer für dieselben, im verächtlichen Verstande. Man hat von diesem Worte allerley wunderliche Ableitungen angegeben. Erträglicher ist die Ableitung in dem Hamb. Patrioten Th. 2, S. 244, wo es durch einen Bücherbeutel, Nieders. Books-büdel erkläret wird, weil man ehedem nicht nur die Gesangbücher in Beuteln zur Kirche getragen, sondern vielleicht auch die Statutenbücher in Beuteln verwahret. Frisch, der mit dieser Erklärung nicht zufrieden ist, leitet die erste Hälfte dieses Wortes von Bug, Bügel ab, und erkläret Bocksbeutel durch einen Beutel oder Tasche, welche oben mit einem Bogen versehen ist, eine Knipptasche. Aber dabey bleibt die Ähnlichkeit zwischen einem solchen Beutel und den alten Gewohnheiten immer noch unbegreiflich. Das altväterische Herkommen in der bürgerlichen Lebensart, welches die Hamburger den Bocksbeutel nennen, drucken die Bremer durch Aasbook aus, von dem Asynge- oder Aesiga-Book der Friesen, welches der alteu Rustringer Landrecht in sich fasset.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1107.
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