Eben

[1628] Êben, ein Wort, welches in doppelter Gestalt üblich ist.

I. Als ein Bey- und Nebenwort, und da bedeutet es, 1. eigentlich, gleich, was keine hervor stehende Erhöhungen oder Ungleichheiten hat, am häufigsten von der Oberfläche des Erdbodens. Ein ebenes Feld, welches keine Berge, Hügel, oder Thäler hat. Ein ebener Weg. Der Weg ist sehr eben. Etwas eben machen. 2. In figürlicher Bedeutung, 1) * hübsch, fein, von der Gesichtsbildung.


Wer Jüngling ebener Gestalt,

Wer Jungfrau ist, ja jung und alt,

Opitz Ps. 148.


Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. S. Uneben. 2) Genau, eigensinnig, im gemeinen Leben einiger Gegenden. Er ist ein ebener Mann, ein Mann, der alles sehr genau haben will. Er ist in seinen Sachen sehr eben.

II. Als ein bloßes Nebenwort, oder Adverbium.

1. * Gleich, aequalis, gemäß; welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist. Als es der Natur der Dinger eben kommt, Buch der Natur, Augsb. 1483. Es gilt alles eben viel, Opitz.

2. Genau, accurat, im gemeinen Leben. Eben voll, ganz voll. Ich kann es so eben nicht wissen. Jemanden gar eben ansehen. Merke eben darauf, was ich dir zeigen will, Ezech. 40, 4. Da sah ich eine Magd sitzen – und sahe eben auf ihn, Luc. 22, 56.

3. Besonders wird es in diesem Verstande gebraucht, ein Wort und den dadurch ausgedruckten Begriff sehr genau zu bestimmen, das es denn zu allerley Redetheilen gesetzet werden kann. 1) Zu Nebenwörtern und Bindewörtern. Es geschiehet dir eben recht. Du thust eben als wenn du mich fragtest. Eben damahls, genau zu derselbigen Zeit. Eben jetzt habe ich ihn gesehen. Eben daselbst. Ich wollte eben gern ein Wort mit ihm allein reden, Gell. Eben, weil sie fühlt, daß ihr Herz überwunden ist, so wendet sie auch noch die letzte Bemühung an u.s.f. ebend. Eben deßwegen singt und bethet sie alle Stunden, weil sie alle Stunden reicher werden will, ebend. Es ist eben heute ein Jahr, da sie ihr Vermögen verloren, ebend. Besonders stehet es gern bey der Partikel so, die Ähnlichkeit noch genauer zu bestimmen. Ich bin eben so alt als du. Er ist eben so groß als ich. Eben so reich als Crösus. Eben so, auf eben dieselbe Art. Er ist eben so glücklich als vorher. Ich verlange den Reichthum eben so wenig, als die Armuth, Gell. 2) Zu Pronominen. Eben dich meine ich. Besonders zu den anzeigenden der, die, das, derselbe, dieselbe, dasselbe. Ich sahe ihn noch an eben demselben Tage. Er ist noch an eben dem Orte, wo er gestern war. Eben derselbe Mensch, welchen wir gesehen haben. Im gemeinen Leben setzet man die Präposition gern zwischen eben und das Pronomen, welches aber in der edlen Schreibart nur selten eine gute Wirkung thut. Ich sahe ihn noch eben an demselben Tage. Eben mit dem Maß, da ihr mit messet, Luc. 6, 38. Noch weniger ist es zu rathen, das Nebenwort in dieser Bedeutung zu verschweigen. Es ist derselbe Mensch, welchen wir gestern gesehen haben. Oder noch das und einzuflicken, welches hier völlig unnütz ist: hat es vor diesem Menschen gegeben, so kann es auch wohl eben und dieselben Fehler gegeben haben. Die gemeinen Sprecharten gebrauchen für eben derselbe gern der nehmliche, der nehmlichste, der gleiche, welche Ausdrücke aber einem Hochdeutschen Ohre anstößig sind. 3) Zu Nenn- und Zeitwörtern. Es ist mir eben eins, im gemeinen Leben, es ist mir gleich viel. Das wußte ich eben[1628] nicht, das war eigentlich die Sache, welche ich nicht wußte. Das läugnet er eben. Das ist eben, was ich sage. Dieses ist eben mein Wunsch, Gell. Sie sagte, sie wäre unruhig, und das war eben schlimm, ebend. Eben der Leute wegen will er nur Abends kommen, Weiße. Du hättest sie eben sollen ruhig machen, Gell. Eben durch die Gutheit macht man nur mehr Bettler, ebend. Man weiß, daß nicht eben die besten Schriften am häufigsten abgehen.

4. Auch eine Zeit sehr genau zu bestimmen, in welcher etwas geschehen ist. Da das Thor eben zugeschlossen war. Wir haben eben deiner gedacht, eben jetzt. Du warst eben weggegangen, den Augenblick zuvor. So eben erhalte ich einen Brief, im gemeinen Leben. Eben da ich trinke. Wir wollten eben gehen und sie rufen, Weiße, eben jetzt, oder zu eben derselben Zeit. Dahin gehören auch die Oberdeutschen Ausdrücke, eben gedachter, eben bemeldeter u.s.f. für jetzt gedachter.

5. Zuweilen hat diese Partikel eine bloß einschränkende Kraft, zumahl wenn sie einer Verneinung beygefüget wird, deren Härte sie oft bloß mildert; welcher Gebrauch der vertraulichen Sprech- und Schreibart vorzüglich eigen ist, und der Bedeutung des Wortes zwar nahe kommt. Das wäre mir nun eben nicht recht, wenn mir so einer wieder Querfeld ein käme, Weiße. Ich will mich eben nicht groß damit machen, Gell. Das will ich eben nicht sagen. Die Frage geschahe eben aus keinem Mißtrauen. Das dächte ich eben nicht, Gell.


Die Hand, die könnet ihr mir küssen,

Dieß wird mich eben nicht verdrießen,

Gell.


Anm. Eben, in Oberschwaben eban, im Nieders. even und effen, kommt fast in allen obigen Bedeutungen schon bey den Alten vor. Für gleich gebraucht Kero eban, ebanlih. Dem Ottfried bedeutet ebeno genau, eban gleich als, ebanon vergleichen; dem Isidor ist eban so, und Notker gebraucht diese Partikel auch für ja. Ze mannis ebin christanin minno, zu des Menschen ja Christen Liebe; anderer veralteten Bedeutungen zu geschweigen. Das alte Goth. ibn, das Angels. efn, efen, em, das Schwed. efwen, jafn, jefn, aem, das Wallis. eun, das Engl. even, das Dän. effen und jävn, kommen mit dem Deutschen genau überein. Selbst das Griech. ὁμος, ἁμα, und die Latein. imitor, imago, gehören, dem Ihre zu Folge, zu dieser Verwandtschaft, wohin man denn auch unser Deutsches ahmen rechnen müßte; S. Nachahmen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1628-1629.
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