Ehrbar

[1648] Ehrbar, -er, -ste, adj. et adv. 1) Ehre verdienend, werth geehret zu werden; S. Bar 5. 2) (b). In diesem Verstande ist es heut zu Tage vorzüglich als ein Titel üblich, der aber seit seinem Ursprunge mancherley Schicksale erfahren hat. Anfänglich und noch bis in das vierzehente Jahrhundert war es ein Titel, den selbst Könige und Fürsten zu führen sich nicht schämten. Scheidt hat in seinen Nachrichten von dem hohen und niedern Adel S. 149 verschiedene Urkunden angeführet, in welchen Fürsten ehrbare Fürsten genannt werden. Im vierzehenten und funfzehenten Jahrhunderte ward dieser Titel auch dem niedern Adel zu Theile, der sich gestrenge, fest und ehrbar nennen ließ, aber im sechzehenten Jahrhunderte dieses ehrbar, vermuthlich, weil es nunmehr schon Bürgerlichen gegeben wurde, mit dem ehrenfest vertauschte, bis er im siebzehenten Jahrhundert anfing, die Geburt in seinen Titel auszudrucken. Heut zu Tage ist dieses Wort von seiner ehemahligen Würde so tief herab gesunken, daß man es auch geringen Handarbeitern und Tagelöhnern beyleget, da es denn weiter nichts bedeutet, als den Ruf eines ehrlichen Mannes habend. Etwas mehr hat dieses Wort von seiner alten Würde in den Titeln der Reichsstädte behalten, welche nicht nur von andern ehrbar genannt werden, sondern sich auch diesen Titel[1648] selbst beylegen. Weil aber dieses Wort oft abgekürzet geschrieben wurde, die Erb. freyen Reichsstädte, so sind daraus, nach des Hrn. von Mosers Bemerkung, von Unwissenden mehrmahls Erbstädte gemacht worden. Joseph von Arimathia ein ehrbarer Rathsherr, Marc. 15, 43. 2) Der Ehre, d.i. dem äußern Wohlstande, dem Begriffe von Ehre gemäß, S. Bar 3. Ehrbare Handlungen. Sie hält mit der größten Demuth an den ehrbaren Sitten ihrer Vorfahren, Gell. Was wahrhaftig ist, was erbar, was gerecht, Phil. 4, 8. Ingleichen, den äußern Wohlstand beobachtend, von Personen. Ein ehrbarer Mensch. Eine ehrbare Frau. Andächtige und ehrbare Weiber, Apostg. 13, 30. Die Diener sollen ehrbar seyn, nicht zweyzüngig, 1 Tim. 3, 8.

Anm. Schon Stryker gebraucht erber für honestus. Im Dän. lautet dieses Wort ärbar, und im Schwed. årbar. In der Deutschen Bibel wird es erbar geschrieben, und in vielen gemeinen Mundarten wird es noch jetzt mit einem kurzen e ausgesprochen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1648-1649.
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