Einzeln

[1763] Einzeln, adj. et adv. von dem Zahlworte Ein. 1. Nur Ein Mahl vorhanden. 1) Eigentlich; theils in der schärfsten Bedeutung, was überhaupt nur Ein Mahl da ist, für einzig. Gott ist ein einzelnes Wesen. Gott hat nur eine einzelne Welt erschaffen. Welcher Gebrauch zwar im Oberdeutschen, aber nicht im Hochdeutschen üblich ist. Theils in weiterer Bedeutung, was unter gewissen Umständen nur Ein Mahl vorhanden ist. Es soll kein einzelner Zeuge wider jemand auftreten, 5 Mos. 19, 15; nicht Ein Zeuge allein, im Gegensatze mehrerer Zeugen. Wenn zwey bey einander liegen, wärmen sie sich; wie kann ein einzelner warm werden? Pred. 4, 4. Daß du die Midianiter schlagen sollst, wie einen einzelnen Mann, Richt. 6, 16. Ein einzelnes Ding, ein Individuum, oder ein Ding, welches so wohl in dem, was es an sich hat, als in dem, was ihm von außen in Ansehung anderer Dinge zufällt, bestimmt ist. Als ein Nebenwort wird es in dieser Bedeutung wohl nicht leicht vorkommen. 2) Figürlich. (a) Allein, frey stehend, von andern Dingen seiner Art abgesondert. Mitten im Walde liegt ein einzelnes Haus. Das Haus liegt vor dem Thore ganz einzeln. Einzelne Zahlen, welche allein stehen;[1763] zuweilen auch, obgleich eben nicht auf die beste Art, Einer, Einheiten. Es regnet nicht, es fallen nur einzelne Tropfen. (b) Einfach, doch nur in einigen gemeinen Mundarten, im Gegensatze des doppelt, dreyfach u.s.f. Der Zeug liegt einzeln. (c) Einsam, verlassen, doch nur in der Deutschen Bibel. Ich bin unfruchtbar, einzeln, vertrieben und verstoßen, Es. 49, 21. (d) Ein einzelner Mensch, eine einzelne Person, eine Person, die theils unverheirathet ist, theils keine oder doch wenige Hausgenossen, Bedienten u.s.f. hat. In diesem Verstande gebraucht schon Ottfried einluzzo für unverheirathet. (e) Einzelnes Geld, im gemeinen Leben, Ausgebegeld, Münze, im Gegensatze des harten oder ganzen Geldes. Ich habe kein einzelnes Geld bey mir. 2. Einer nach dem andern, ein vertheilendes Zahlwort. Und dauchten ihm als wärens einzelne Tage, 1 Mos. 29, 30; die sieben Jahre verstrichen ihm so geschwinde hinter einander, als wenn es Tage gewesen wären. Am häufigsten als ein Nebenwort. Einzeln nach einander will ich sie vor dir her ausstoßen, 2 Mos. 23, 30. Sie kommen ganz einzeln. Einzeln gehen.

Anm. Im Nieders. lautet dieses Wort enteln, bey dem Ottfried einzen, und bey dem Notker als ein Nebenwort einzent, in den spätern Zeiten einzeling. Die eigentliche Bedeutung der Endsylbe ist so ausgemacht noch nicht. Frisch hält das Wort entweder für das Diminut. von eins, oder glaubt, daß es nach dem Muster von doppelt gebildet sey. Beyde Muthmaßungen sind zu gezwungen. Eher könnte man noch glauben, daß zel aus Zahl zusammen gezogen sey. Die ältesten Oberdeutschen Schriftsteller, wie Kero und Ottfried, gebrauchen für einzeln auch einluzzo und einluzlih, welches in Oberdeutschland, besonders in Oberschwaben, noch nicht veraltet ist, wo man noch zuweilen einletzig höret. Im Oberdeutschen lautet einzeln, so fern es ein Beywort ist, ohne n, einzel, einzele Personen, ein einzeler Mensch, welches auch wohl einige Hochdeutsche nachahmen. Einzelig für einzeln, und das Hauptwort die Einzeligkeit, sind gleichfalls nur im Oberdeutschen üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1763-1764.
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