Entbehren

[1816] Entbêhren, verb. reg. act. etwas nicht haben, Mangel daran leiden, in Beziehung auf die Art und Weise, wie man denselben erträgt, so wohl mit der zweyten, als mit der vierten Endung der Sache. Die Luft, welcher sie doch nicht entbehren konnten, Weish. 17, 9. Man kann ihrer in der Stadt nicht entbehren, Sir. 38, 36. Ich will diese Sache gerne entbehren, sie nicht haben. Entbehret Damis ja gewisse Freuden, so entbehret er sie weil er sie nicht bedarf, Gell. Seltener absolute und ohne Beziehung auf die Art und Weise, wie man das nicht haben erträgt. Die Gelassenheit zieht ihre Stärke aus dem Bewußtseyn höherer Güter, als die sind, die wir entbehren, Gell. Die Pflanzstadt ungeborner Söhne, die deiner milden Kunst entbehrt, Raml.

Anm. Bey dem Ottfried, Notker und den spätern Schriftstellern lautet dieses Wort inberan, inberen, enpern, emperen, umberen, embearen, im Holländ. ontberen, im Dän. undväre, im Schwed. ombaera. Mit der vierten Endung kommt es schon bey der Winsbeckin vor:


Wil es diu minne niht entbern.


Die letzte Hälfte ist vermuthlich das alte Zeitwort baren, beren, tragen, welches unter andern auch thun, wirken, bringen bedeutete. Davon kommen die Zusammensetzungen verbaren, verwirken, urbaren, genießen, und dessen Gegensatz entbaren oder entbehren, ermangeln. S. 1 Bar. Im Oberdeutschen bedeutet sich entbehren, auch sich verstecken. S. Bahre.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1816.
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