Entbrechen

[1818] Entbrếchen, verb. irreg. recipr. (S. Brechen,) sich mit Gewalt von etwas los brechen, mit der zweyten Endung der Sache. 1. Eigentlich, sich einer Sache mit Gewalt entschlagen. Sich alles Gehorsames, aller Pflicht entbrechen.


Was Weise hat sie denn des Lebens sich entbrochen,

Opitz;


d.i. sich selbst getödtet. Doch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2. Figürlich. 1) Sich enthalten, den Umgang mit einer Person, den Gebrauch einer Sache vermeiden.


Du mußt dich oder willst dich meiner selbst entbrechen,

Günth.


Denn sich meiner zu entbrechen,

Ist sie schon gestraft genug,

Günth.


2) Zurück halten, sich enthalten. Ich kann mich kaum der Thränen entbrechen. Ich konnte mich nicht entbrechen, ihm das Gegentheil zu versichern. Im Oberdeutschen sind in dieser Bedeutung auch entlegen und entschütten üblich.

Anm. Ent druckt in diesem Zeitworte den Terminum a quo aus. Da Brechen einen großen Umfang der Bedeutung hat, so würde es leicht seyn, entbrechen in dem gedoppelten figürlichen Sinne auch von andern Bedeutungen des einfachen Zeitwortes herzuleiten. So ferne brechen ehedem auch für verbrechen gebraucht wurde, bedeutete entbrochen auch ohne Schuld, unschuldig.


Welcher nun nit volgt meinem rat,

Gen dem will ich embrochen sein,

Theuerd. Kap. 110;


gegen den will ich ohne Schuld seyn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1818.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: