Erkiesen

[1909] Erkiesen, verb. reg. act. 1) Auslesen, aussuchen, erwählen, im Oberdeutschen, und zuweilen auch in der höhern Schreibart der Hochdeutschen. Aus vielen das Beste erkiesen. Erkiese dir was du willst. Ich habe dich dazu erkiefet. 2) * Gewahr werden; eine im Hochdeutschen ganz unbekannte Bedeutung.


Ein brünstig Aug erkiest nicht alle kleine Flecken,

Hofmannsw.


Dein Antlitz hat ein Licht, das bald erkiest

Die Missethat, so uns verborgen ist,

Opitz Ps. 90, 4.


Ein andrer, der für mir, scharf von Gedanken ist,

Der in der Wissenschaft der Schriften mehr erkiest,

Opitz Ps. 90, 4.


3) * Ersehen; ein im Hochdeutschen gleichfalls fremder Gebrauch.


Wie aus der heiligen Schrift nicht schwer ist zu erkiesen,

Opitz.


Aus welchem man erkiest,

Wie Gott das Laster straft,

Opitz.


Anm. In der ersten Bedeutung lautet es in dem alten Gedichte auf den h. Anno, ingleichen in dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carln den Großen bey dem Schilter, und bey dem Notker irchiesen, irkiesen, bey den Ottfried kiusan, und im Schwed. kesa. S. Kiesen. Ottfried gebraucht irkiasen auch für beurtheilen. S. auch Erkoren.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1909-1910.
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