Ermessen

[1920] Ermêssen, verb. irreg. act. S. Messen. 1. Eigentlich, ausmessen; doch nur im Oberdeutschen. Die Höhe des Himmels ist nicht zu ermessen. S. auch Unermeßlich. 2. Figürlich. 1) Schätzen, beurtheilen; auch am häufigsten im Oberdeutschen. Andere Leute nach sich ermessen. Das Verbrechen nach dem dadurch verursachten Schaden ermessen. Meinem Ermessen nach. Nach des Richters Ermessen. 2) Dafür halten; auch nur im Oberdeutschen. Wir haben der Nothdurft zu seyn ermessen. S. auch Ermäßigen. 3) Abnehmen, muthmaßen, schließen. Das übrige ist leicht zu ermessen. Daraus kann man seine Liebe ermessen.


Bis er kundt ermessen

Das Tewrdank des het vergessen,

Theuerd. Kap. 81.


4) Begreifen; auch nur im Oberdeutschen. Ich kann nicht ermessen, was er macht. In welchem Verstande schon Notker Ermezzen gebraucht. 5) Erwägen, überdenken. Etwas bey sich selbst ermessen. Du ermissest den ganzen Umfang des daraus fließenden Unheiles nicht.


Wenn nun mein Herz dieß ermaß,

Opitz.


Ich will dein rechtes Recht erheben,

Und nimmermehr vergessen,

Dein Urtheil zu ermessen,

Opitz. Ps. 71, 11.


Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1920.
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