Erobern

[1927] Erobern, verb. reg. act. 1) * Erübrigen; eine in der guten Sprechart veraltete Bedeutung, welche nur noch in einigen gemeinen Mundarten vorkommt. Er kann bey seiner Hantierung nichts erobern, d.i. ersparen. Ingleichen für gewinnen. Dabey ist nichts zu erobern. 2) * In seinen Besitz bekommen, auch ohne Gewalt. Geld erobern, es einbekommen, einnehmen; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung. 3) * Überstehen. Eine Noth, eine Gefahr erobern. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet. 4) Durch Gewalt der Waffen in seinen Besitz bringen. Judas eroberte einen großen Raub, 1 Macc. 4, 23. Er kunnte aber das Regiment nicht erobern, 2 Macc. 5, 7. Wo sie den Sieg erobern würden, 3 Macc. 1, 9. Einen flüchtigen Missethäter erobern, in seine Gewalt bekommen, im Oberdeutschen. In diesem Verstande ist es im Hochdeutschen nur noch von Ländern, Städten und Schlössern üblich, besonders wenn sie mehr durch Sturm und offenbare[1927] Gewalt, als durch Accord und Verträge bezwungen werden. Eine Stadt, eine Festung mit Sturm erobern. Eroberte Länder, Provinzen. Figürlich, in der höhern Schreibart, auch ein Herz gewinnen, es sich eigen machen. Ein tugendhafter Fürst muß nicht so wohl Länder als vielmehr Herzen zu erobern suchen. Deine schönen Augen erobern jedes Herz. Eine erobernde Miene.


Ganz ohne Kunst durch Unschuld nur

Erobernde Geberden,

Giseke.


Daher die Eroberung, S. hernach besonders.

Anm. Dieses Wort stammet von oben her; S. dasselbe. Das einfache oberon, bezwingen, überwinden, findet sich schon bey dem Notker, und kommt auch noch in den spätern Zeiten vor. Ehedem war auch erobrigen üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1927-1928.
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