Erschüttern

[1937] Erschüttern, verb. reg. welches in doppelter Gattung vorkommt. I. Als ein Activum, durchaus in eine zitternde Bewegung versetzen. 1) Eigentlich. Die Erdbeben erschüttern ganze Länder. Das Rasseln des Wagens erschüttert das Haus. Von dem Knalle wurden alle Fenster erschüttert. 2) Figürlich. Die traurige Nachricht erschütterte mein ganzes Herz. Seine Standhaftigkeit wurde endlich erschüttert, wurde wankend gemacht. Sein Credit, sein Ansehen, ist gar sehr erschüttert worden, geschwächet. Einem das Zwerchfell erschüttern, ihm ein lautes Gelächter abnöthigen. II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, ob es gleich in den zusammen gesetzten[1937] Zeiten wohl nicht leicht gebraucht wird, in eine solche Bewegung versetzet werden. Das Haus erschütterte von dem Rasseln der Wagen. Es krachte, daß die Erde erschütterte. Boas erschrak und erschütterte, Ruth. 3, 8. Im Hochdeutschen ist dieses Neutrum nur einigen gemeinen Sprecharten eigen. Im Oberdeutschen hat man dafür auch das Reciprocum sich erschüttern. Sich aus Furcht erschüttern. Daher die Erschütterung, plur. die -en, so wohl die Versetzung in eine bebende Bewegung, als auch diese Bewegung selbst. Das wird ohne Erschütterung des Hauses nicht abgehen.

Anm. Dieses Zeitwort ist das Iterativum von yrscutan, irscutten, welches bey dem Ottfried und Notker vorkommt. Auch das einfache scuten findet sich bey dem Ottfried in eben dieser Bedeutung. Das Nieders. schuddern, das Ital. scuotere, und Latein. concutere kommen damit überein. S. Schütten, Schütteln und Schüttern.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1937-1938.
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