Ey (2)

[1989] 2. Ey, eine Interjection, welche der natürliche Ausdruck verschiedener größten Theils sanften und gelinden Gemüthsbewegungen ist, und selbige mit allen ihren Schattirungen und Graden ausdruckt.

1) Der Freude. Ey, das ist vortrefflich! Ey, das freuet mich! Das wird Späßchen geben! ey, ey, ey! Weiße. Die ausgelassene Freude des großen Haufens verändert diesen Ausdruck in Hey und Io! 2) Des Wohlwollens, des Beyfalles, obgleich seltener. Ey, du frommer und getreuer Knecht! Matth. 25, 21. 3) Der Bitte, des Verlangens. Ey, thun sie es mir zu Liebe! Besonders einer mit Ungeduld begleiteten Bitte. Ey lieber, geht doch gleich und bringt ihn eilends her! Günth. 4) Der Aufmunterung, Anmahnung, Erinnerung. Ey, lasset uns heim gehen, denn es ist nun Zeit Essens, Hist. Sus. V. 13. Lasset uns hinauf ziehen, weil es noch hoch Tag ist; ey, es will Abend werden, und die Schatten werden groß, Ier, 6, 4. 5) Der Verwunderung. Ey, wie schön! Ey, ey! ein Schatz! Ey, welch ein schöner Tag ist das! Ey, bist du denn auch schon munter? Ey, welche weise und verständige Leute sind das! 5 Mos. 4, 6. Auch der mit Unwillen begleiteten Verwunderung. Ey, der Henker! Ey, warum nicht gar? 6) Der Ironie. Ey, der kluge Mann! Ey, wahrlich, du hast deine Sachen gut gemacht! Ey, eine treffliche Summe, der ich werth geachtet bin von ihnen! Sachar. 11, 13. 7) Der Bedenklichkeit, Besorglichkeit. Ey, ey, das wird übel aussehen! Ey, ey, das klingt nicht fein! 8) Der Ungeduld. Ey, ich muß wissen, wer du bist. Ey, was kann denn ich dafür? Ey, es läßt sich wohl noch spaßen! 9) Des Unwillens. Ey, was! Ey, nicht doch! Ey nun, so sey böse. Ey, du ungeschickter Mensch! Ey, glaubst du, daß ich blind sey? 10) Des Verweises. Ey, das war nicht fein von dir. Ey, ey, das taugt nicht. Ey, was soll das seyn? Ey, ey, bey Leibe nicht! 11) Oft, besonders im gemeinen Leben, auch bey weit schwächern Empfindungen. Ey nun, es verbiethet sich wohl von sich selbst. Anm. Bey den Schwäb. Dichtern lautet diese Interjection hey, ahy; wovon das erstere jetzt nur dem Pöbel überlassen ist. Ahy ia wer des alze vil, der Herz. von Anhalt. Mit also froiden richer tat ahey wer wolte ich danne fin, Markgr. Heinrich von Meißen. Hey herre Gott durch dine Gute, Markgr. Otto von Brandenburg. Im Nieders. und in der gemeinen Mundart der Obersachsen i, ie, im Dän. ji, im Engl. ay, im Franz. ai, ahi, im Latein. heu. Bey stärkern Empfindungen gehet sie leicht in ach und o über.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1989.
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