Fertig

[116] Fêrtig, -er, -ste, adj. et adv. von fahren und Fahrt.

I. So fern fahren reisen, den Ort verändern, und Fahrt nicht nur eine Reise, sondern auch ein jedes Geschäft bedeutet. 1. Eigentlich, von allen äußern Hindernissen einer Handlung frey, mit allen Bedürfnissen zu derselben versehen; wo es zunächst von der Bereitschaft zu der Veränderung des Ortes gebraucht wird. Sind sie fertig? fragt man jemanden, der sich bereit macht, eine Reise anzutreten, spaziren zu gehen u.s.f. Ich bin lange fertig gewesen. Sich fertig machen, halten. Marschfertig, segelfertig, reisefertig. In weiterer Bedeutung auch von der Bereitschaft zu andern Geschäften. Macht euch fertig! das gewöhnliche Commando-Wort bey den Soldaten, wenn sie sich zum Anschlage und Feuer- geben geschickt machen sollen. Fertig wird in dieser ganzen Bedeutung nur als ein Nebenwort gebraucht. Der Comparativ und Superlativ sind in derselben gleichfalls ungewöhnlich. 2. Figürlich. 1) Fähig aus anhaltender Übung eine Sache leicht und geschwinde zu verrichten. Fertig reden, lesen, schreiben, singen, ohne Anstoß. Er ist sehr fertig mit der Zunge, mit dem Maule, im gemeinen Leben. Ein fertiger Redner, Schreiber. Eine fertige Zunge haben. Eine fertige Hand schreiben. Gott macht euch fertig in allen guten Werken zu thun seinen Willen, Ebr. 13, 21. 2) Dem Gemüthe nach, willig, bereit etwas zu thun. Wir müssen stets so fertig zum Vergeben seyn, als es andere sind, uns zu beleidigen, Gell. S. Dienstfertig, Friedfertig. 3) Vollendet, zu dem bestimmten Gebrauche geschickt gemacht. Eine fertige Arbeit. Ein bereits fertiges Gedicht. Am häufigsten als ein Nebenwort, bloß im Positivo. Die Arbeit ist fertig. Die Schuhe sind noch nicht fertig. Das Haus, die Mauer, das Essen ist fertig. Eine Sache, eine Arbeit fertig machen, die letzte Hand daran legen. Die Schriftgießer machen die[116] gegossenen Schriften fertig, wenn sie selbige in dem Winkelhaken glatt schaben. Sehr häufig auch in Beziehung auf die Person, da denn die Sache das Vorwort mit bekommt. Bist du mit dem Kranze fertig? hast du ihn fertig gemacht? Mit dieser Arbeit werde ich bald fertig werden, ich werde sie bald fertig machen. Mit ihm will ich schon fertig werden, ich will schon die Oberhand über ihn gewinnen. Er ist mit seinem ganzen Vermögen fertig, er hat es durchgebracht. Oft auch mit Auslassung der Sache. Die Mäurer, die Zimmerleute sind fertig, nehmlich mit ihrer Arbeit. Ich würde nie fertig werden, wenn ich alles erzählen wollte.

II. So fern fahren handeln, thun, bedeutet, etwas wirklich thuend, und selbiges an den Tag legend; in welchem Verstande es nur in den Zusammensetzungen bußfertig, eilfertig, leichtfertig, hoffertig vorkommt, obgleich sich diese beyden letzten auch von fahren, gehen, herleiten lassen. Auch willfährig gehöret hierher, denn im Oberdeutschen ist für fertig oft ferig, fährig üblich.

Anm. Fertig, im Oberd. ferig, im Nieders. fardig, bey dem Notker varig, im Dän. färdig, im Schwed. faerdig, scheinet, wie schon oben gesaget worden, zunächst von fahren abzustammen, so daß das t oder d hier bloß des Wohlklanges wegen eingeschaltet worden. Freylich sollte es um dieser Abstammung willen eigentlich fährtig oder doch färtig geschrieben werden; allein es gibt tausend andere Fälle, wo das ä und ê mit einander abwechseln. S. Willfährig. Einen Ort, wo man durchgehen kann, nennet Notker in der eigentlichsten Bedeutung turhfertig. Im Dänischen ist Färd ein Werk, Geschäft, so wie Ottfried in diesem Verstande schon Fart gebraucht. Sin friunt thes fartes, der Theilnehmer an seinem Geschäfte, sein Gesell.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 116-117.
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