Fittich, der

[174] Der Fittich, des -es, plur. die -e. 1. Eigentlich, der Flügel an einem Vogel, im Oberdeutschen und in der höheren Schreibart der Hochdeutschen. Der mus zween Vettich oder Flugel han, Schwabensp. Alles was fliegen konnte, und alles was Fittig hatte, 1 Mos. 7, 14. Der Schwan spannt des Fittigs Segel auf, Kleist. Der Nordwind, der


Mit starken Fittigen die schwarzen Lüfte theilte,

Schleg.


Ungeachtet die Hochdeutschen dieses Wort nur in der höhern Schreibart gebrauchen, so ist es doch den Niedersachsen nicht unbekannt, wo Fiddik und Fittje einen Flederwisch bedeuten. 2. Figürlich. 1) Die Fittiche Gottes, in der Deutschen Bibel, dessen[174] Schutz. Unter Gottes Fittigen trauen, Ps. 61, 5. Gott wird dich mit seinen Fittigen decken, Ps. 91, 4. 2) Der Arm, im verächtlichen Verstande und in den gemeinen Mundarten, wo man in eben diesem Falle auch wohl das Wort Flügel gebraucht. Jemanden bey dem Fittich nehmen, und zur Thüre hinaus werfen. In welchem Sinne in Niedersachsen auch das Slafittig, oder Schlafittje üblich ist, gleichsam die Schlagfedern, der Schlagflügel. 3) Diejenigen Theile eines Kleides, welche nicht fest anliegen, sondern sich frey bewegen, die Falten, der Saum an der ehemahligen Art weiter Kleider, der Schweif, die Zipfel eines Kleides, Bettes u.s.f. doch nur in der Deutschen Bibel und im Oberdeutschen. Rede mit den Kindern Israel, -daß sie ihnen Läpplein machen an den Fittigen ihrer Kleider- und gele Schnürlein auf die Läpplein an die Fittige thun, 4 Mos. 15, 38. Du sollt dir Läpplein machen an den vier Fittigen deines Mantels, 5 Mos. 22, 12. Quäste sollst du an den vier Ecken des Oberkleides machen, Michaelis, und so in andern Stellen mehr.

Anm. Dieses Wort lautet in der Bedeutung eines Flügels bey dem Übersetzer Isidors Fethdhahha, bey dem Notker Fettacho, bey dem Peucer Vettag. In Boxhorns Glossen bedeutet Fedacha, Vögel, Geflügel. Wachter glaubt, daß dieses Wort aus Feder und rich, Frisch aber aus Feder und Dach zusammen gesetzet sey; sehr gewagte und weit gesuchte Ableitungen. Die erste Sylbe ist unstreitig mit der ersten Sylbe in Feder einerley, nur die Ableitungssylbe ich, oder ig, wie es einige in diesem Worte schreiben, ist so deutlich noch nicht; S. -Ich. Indessen erhellet doch aus der Schreibart der Alten, und aus der Aussprache, besonders im Plural, daß man dieses Wort richtiger Fittich als Fittig schreibet; zumahl da der stärkere Hauch der Oberdeutschen Mundart, welcher dieses Wort vorzüglich zugehöret, so eigen ist. In einigen gemeinen Mundarten lautet es Flittich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 174-175.
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