Geheim

[492] Geheim, -er, -ste, adj. et adv. verborgen, unbekannt, was verborgen ist, oder doch verborgen seyn soll; im gemeinen Leben heimlich, im Gegensatze des öffentlichen. Ein geheimer Ort. Eine geheime Treppe. Ein geheimer Gang. Eine geheime Zusammenkunft. Eine geheime Schreibart. Geheime Sünden. Eine geheime Zusammenverschwörung. Etwas vor einem andern geheim halten. Einem seine geheimsten Angelegenheiten entdecken. Suche ihr das Bekenntniß ihres geheimen Grames zu entreißen. Die willige Ergebung in die Rathschlüsse Gottes ohne geheime Ausnahmen, Gell. Die geheime Vereinigung mit Gott, unio mystica, weil sie nur allein aus der nähern Offenbarung erkannt werden kann, ihre eigentliche Art auch selbst unbegreiflich ist. Der geheime Verstand einer Rede, der nicht so wohl durch die Worte, als vielmehr durch die mit den Worten bezeichneten Sachen hervor gebracht, und auch der mittelbare Verstand genannt wird. In engerm Verstande, was nahe um den Fürsten ist, denselben und die innersten Landessachen betrifft. Daher ein geheimer Rath, oder der geheime Rath, die vornehmste Art von Räthen, welche überhaupt das, was zur Erhaltung eines Staates gehöret, besorgen; wenn anders ihre Würde nicht ein bloßer Titel ist. Das geheime Siegel, dessen sich der Fürst in seinen geheimen Ausfertigungen bedienet. Der geheime Staatsrath, geheimer Justizrath, geheimer Kammerrath u.s.f. welche von höherer Würde sind, als die ordentlichen Staatsräthe u.s.f. In geheim, auf eine geheime Art. In geheim mit jemanden sprechen. Ihr Leben ist mir in geheim erzählt worden. In geheim nachforschen.

Anm. Es ist nicht ganz richtig, daß geheim nur in gutem Verstande und bloß von wichtigen Dingen, heimlich aber im entgegen gesetzten Verstande gebraucht werde. Heimlich ist mehr im gemeinen Leben, geheim aber vorzüglich in der anständigen und edlen Schreibart üblich. Viele sehen die Benennung geheimer Rath als ein zusammen gesetztes Wort an, und schreiben es Geheimerrath, welches aber unrichtig ist, weil ein Beywort, wenn es mit einem Hauptworte zusammen gezogen wird, alle Mahl eine Sylbe am Ende verlieret; Großmeister, Grobschmid, Jungfrau, Freybeuter, Dickkopf, nicht Großermeister, Groberschmid u.s.f. Wäre es eine wahre Zusammensetzung, so müßte es Geheimrath heißen, wie man Geheimbuch und Geheimschreiber sagt. Mit mehrerm Rechte kann man es, wenn es eine Würde bezeichnet, mit einem großen G schreiben; Geheimer Rath. Das d, welches so gern dem m nachschleicht, geheimd, für geheim, ist im Hochdeutschen veraltet. S. Heimlich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 492.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: