Gestern

[637] Gêstern, ein Nebenwort der Zeit, den nächsten Tag vor dem heutigen zu bezeichnen. Ich sahe ihn gestern. Dein Freund ist erst gestern gekommen. Seit gestern haben wir einander nicht gesehen. Gestern Abends, oder gestern Abend, gestern Mittag, gestern Morgen. In der edlen Schreibart wird es auch zuweilen figürlich von einer vor kurzen vergangenen Zeit gebraucht. Ich ein Geschöpf von gestern her, der ich vor kurzen nicht war, Gell. Aber von einer lange vergangenen oder vorlängst vergangenen Zeit, wie Hiob 8, 9, wir sind von gestern her, und Es. 30, 33, die Grube ist von gestern her (vorlängst) zugerichtet, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, so wie in der Bedeutung einer vergangenen Zeit überhaupt, in welcher es Ebr. 13, 8 heißt: Jesus Christus gestern und heute u.s.f.

Anm. Bey dem Ottfried gesteren, im Tatian gesteron, Nieders. und Holländ. gisteren, im Angels. geosterlic, gestrig, im Engl. yesterday. Bey dem Ulphilas ist gistradagis morgen. Das Dän. gaar, Schwed. går und igår, und Isländ. igaer, gestern, kommen mit dem Lat. heri überein, so wie unser gestern seine genaue Verwandtschaft mit dem Lat. hesternus nicht verläugnen kann. Dieses letztere wurde in den spätern Zeiten auch von andern vor kurzen verflossenen Zeittheilen gebraucht, wie denn unter andern hesternus annus das nächst verflossene Jahr bedeutete.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 637.
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