Haken, der

[906] Der Haken, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Häkchen, Oberd. Häklein und zusammen gezogen Häkel. 1. * In der weitesten Bedeutung, ein jedes Werkzeug zum Stechen. In dieser nunmehr veralteten Bedeutung werden nur noch die rundlichen und scharfen Zähne der Pferde, welche sie erst im fünften Jahre bekommen, Haken oder Hakenzähne genannt. Sie folgen auf die Eckzähne. Auf ähnliche Art nennet man im Oberdeutschen auch die Spitzzähne der Kinder Häkerlein. 2. In engerer und gewöhnlichster Bedeutung, ein jedes krumm oder nach einem rechten oder spitzigen Winkel gebogenes Ding, oder krumm gebogenes Ende eines Dinges, besonders so fern es dazu dienet, andere Dinge damit herbey zu hohlen, damit zu befestigen, daran zu hängen u.s.f. 1) Überhaupt. Einen Haken an eine Nadel, an einen Draht biegen. Im Bergbaue wirft der Gang einen Haken, wenn er aus seiner Stunde absetzet, d.i. eine andere Richtung nimmt. Das Ding hat einen Haken, figürlich, es ist ein Hinderniß dabey, ein Aber, eine Bedenklichkeit. Der Englische Haken, an einer Stubenuhr, ein eiserner Bogen, dessen beyde Enden zwey Lappen in Gestalt zweyer Haken haben, wovon ein Zahn immer in das Steigerad greift, den Lauf des Räderwerkes zu hemmen und sich gleichförmig zu machen; Franz. Echappement. Die Schaufeln des Ankers werden um ihrer gekrümmten Gestalt willen gleichfalls Haken, sonst aber auch Fliegen und Flunken genannt. Bey den Drechslern ist der Haken oder das Baucheisen, ein gekrümmtes Dreheisen, bauchige Gefäße hohl auszudrehen. An den Kleidern befestiget man kleine Haken von Draht, oder Häkel, welche in ein Öhr, Nieders. Öse, eingreifen, gewisse Kleidungsstücke damit nach Belieben zu befestigen. Einen Missethäter in die Haken werfen, eine in der Türkey, in Rußland und andern Ländern übliche grausame Lebensstrafe, wo der Missethäter lebendig in einen an den Seiten mit scharfen großen eisernen Haken besetzten engen Thurm geworfen wird, worauf er sich spießen, und auf diese Art einen langsamen und schmerzlichen Tod erdulden muß. Die Haken der Tuchscherer sind von Eisen und haben die Gestalt eines Bogens, dessen Spitze an jedem Ende einwärts gebogen ist; die Zeuge mit Leisten werden damit auf dem Schertische befestiget und zugleich ausgedehnet. Und so in andern Fällen mehr. Nach der Bestimmung der Haken bekommen sie oft besondere zusammen gesetzte Nahmen, dergleichen Angelhaken, Brunnenhaken, Feuerhaken, Kesselhaken, Misthaken, Schlüsselhaken, Thürhaken, Widerhaken, Nußhaken, Winkelhaken u.a.m. Angel, Kräuel, Krücke, Krampe, Franz. Crampon, welches[906] Wort dem Menage und Füretiere ein Räthsel ist, bedeuten in andern Fällen gleichfalls einen Haken. Ein Haken, womit etwas ergriffen und herbey gezogen wird, heißt Nieders. Dragge, Engl. Drag, von trecken, ziehen, oder tragen, so fern es ehedem gleichfalls ziehen bedeutete. 2) Besonders. (a) Ein in Niedersachsen übliches Werkzeug zum Ackern, welches weit einfacher als ein Pflug ist, keine Räder hat, und so wohl von Ochsen als Pferden gezogen werden kann; wegen seiner Gestalt, worin es einem Haken mit einem spitzigen Winkel gleicht. Es wird auch wohl ein Ackerhaken genannt. Siehe Haken, das Zeitwort. Schon bey dem Ulphilas ist Hoha ein Pflug, vielleicht unser heutiger Haken. Figürlich wird auch so viel Land, als man mit einem Haken in einer gewissen Zeit bestellen kann, in einigen Gegenden ein Haken genannt, wofür in andern Ländern das Wort Pflug üblich ist. So hält im Meklenburgischen eine gemeine Hufe zwey Haken. In eben dieser Bedeutung kommt Uncus bey dem du Fresne in Liefländischen Urkunden von 1242 und 1249 vor. S. Hakenhufe und Häker. (b) Eine ehemahlige Art eines Feuergewehres, dessen Schaft einen Haken hatte, vermittelst dessen es auf einem Gestelle ruhete, welches ein Bock genannt wurde. Es wurde auch eine Hakenbüchse genannt, zum Unterschiede von den Backenbüchsen, oder unsern heutigen kleinern Feuergewehren. Eine solche Hakenbüchse schoß vier Loth Bley, ein halber Haken aber, so jetzt den Nahmen einer Muskete führet, zwey Loth. S. Doppelhaken.

Anm. In dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter Hahgen, im Nieders. Hake, im Dän. Hage, im Schwed. und Isländ. Hake, im Angels. Hoc, im Engl. Hook, im Böhm. und Pohln. Hak, im Normand. und Picard Acq, Acque, Eich, im Hebr. הפח, wohin auch Ecke, Achel u.s.f. ingleichen das Lat. Uncus und Griech. ογκος gehören, welche sich, so wie das Deutsche Angel, bloß durch den eingeschobenen Nasenlaut unterscheiden. So fern dieses Wort ehedem etwas Spitziges überhaupt bedeutete, gehöret es zu dem Hebr. הח, spitzig, und הבך, stecken. Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt heißt im Schwed. das Kinn Hake, und im Nieders. die Ferse Hacke, S. dieses Wort.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 906-907.
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