Herd, der

[1121] Der Hrd, des -es, plur. die -e, Diminut. das Herdchen, Oberd. Herdlein, ein ebener, zuweilen erhöheter Platz auf der Erde, gewisse Verrichtungen darauf vorzunehmen; doch nur noch in einigen Fällen. 1) Im Bergbaue ist es der runde ebene Platz bey einem Pferdegöpel, auf welchem die Pferde im Kreise herum gehen; der Göpelherd, Göpelplatz, die Rennbahn, 2) * Der Platz, worauf ein Haus stehet, besonders in Ansehung des Obereigenthumes; eine veraltete Bedeutung, welche noch in den Zusammensetzungen Herdgeld, Herdrecht und Herdzins übrig ist. 3) Bey einem Überfallwehre, wo das überflüssige Wasser oben abschießet, scheinet es der obere Raum des Dammes oder eigentlichen Wehres zu seyn. 4) Bey den Vogelstellern ist es der ein wenig erhöhete ebene Platz, welcher mit Lockvögeln besetzt und mit Schlaggarnen umlegt wird, Vögel darauf zu fangen; der Vogelherd. S. Feldherd, Waldherd, Buschherd, Strauchherd, Lerchenherd, Springherd, Tränkherd, Herbstherd u.s.f. 5) Im Hüttenbaue führet diesen Nahmen ein von Holz und Bretern zubereiteter Platz, worauf die gepochten Erze gewaschen werden; der Waschherd, Planenherd, weil die Planen darauf geleget werden. S. Hedelherd und Schlammherd. 6) Eben daselbst wird auch die Grube vor dem Schmelzofen, worein das Werk aus dem Schmelzofen fließet, der Herd genannt. S. Stichherd. 7) Am häufigsten, ein zubereiteter, zuweilen erhöheter ebener Platz, Feuer darauf anzumachen und zu unterhalten. In dieser Bedeutung kommt es so wohl in dem häuslichen Leben, als bey allen denjenigen Beschäftigungen, welche vermittelst des Feuers vorgenommen werden, sehr häufig vor. Der Herd eines Backofens, einer Malzdarre, einer Schmiedeesse u.s.f. Der Ofenherd, Kaminherd u.s.f. In den Salzsiedereyen hat man Gradierherde, Ofenherde und Siedeherde, S. diese Wörter. In dem Hüttenbaue wird der Boden der Schmelz- und Treibeöfen, ja oft der ganze unterste Theil derselben, aus eben dieser Ursache der Herd genannt. S. Frischherd, Treibeherd, Seigerherd u.s.f. Den Herd abwärmen, ihn durch darauf gemachtes Feuer austrocknen. Den Herd anlegen, die zum Treibeherde nöthige Asche auf dem Boden des Treibeofens ausbreiten. Den Herd anstoßen, diese Asche derb auf einander stoßen. Der Herd stehet auf, wenn das geschmolzene Werkbley, durch dazu gekommene Feuchtigkeit oder Kälte, sich in den Herd eingräbt, alles über sich schlägt und zerschmettert. Figürlich wird auch das Bley, welches sich auf dem Treibeherde in die Asche gezogen hat, der Herd genannt, S. Herdbley; zum Unterschiede von der Glätte, welche oben schwimmet. Besonders in den Wohnhäusern, der gemeiniglich von Steinen zubereitete und erhöhete Platz, das zum häuslichen Gebrauche nöthige Feuer darauf anzumachen; der Feuerherd, Küchenherd oder Kochherd. Feuer auf dem Herde machen. Zuweilen auch figürlich, das Wohnhaus selbst. Eigener Herd ist Goldes werth. Ingleichen die Haushaltung und häusliche Gesellschaft, die Familie. »Eltern Erbgut wird in Ostfriesland nicht vererbt, sondern geht wieder an den Herd heim, woher es geflossen ist,« Winkelmann in der Oldenburg. Chron.[1121] bey dem Frisch. Einen eigenen Herd haben oder halten, eine eigene Haushaltung; im mittlern Lat. Focum tenere. Der Herr hat zu Jerusalem einen Herd, Es. 31, 9, einen Tempel. In den Niedersächsischen Marschländern werden diejenigen Wohnhäuser oder Haushaltungen, welche zur Unterhaltung eines Deiches verpflichtet sind, Herde genannt.

Anm. Im Nieders. gleichfalls Herd, im Angels. Hearth und Heorth, im Schwed. Haerd, bey dem Ulphilas Haurjan; alle in der letzten Bedeutung eines Feuerherdes. Wachter leitet es vom Griech. χƞρατον her, welches bey dem Hesychius einen Herd bedeutet, Junius aber von ardere, Hebr. אור, brennen. Allein da dieses Wort nicht bloß einen Feuerherd, sondern einen jeden zu einem gewissen Gebrauche bestimmten Platz auf der Erde bedeutet, so scheinet es mit mehrerm Rechte zu Erde, der Boden, die Oberfläche der Erde, zu gehören, welches noch sehr oft mit dem vorgesetzten Hauchlaute, selbst im männlichen Geschlechte, vorkommt. Herthus, die Göttinn Erde, bey dem Tacitus, ist bekannt. Fon themo irdisgen Herde, heißt bey dem Ottfried von irdischer Erde, und gouta Herda ist im Tatian ein guter Boden, guter Acker. Leichter, schwarzer Herd, d.i. Boden, in der Schweiz. Den Herd aus den Wegen sammeln, eben daselbst.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1121-1122.
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