Huth, die

[1337] Die Huth, plur. die -en, von dem folgenden Zeitworte hüthen. 1. Die Handlung des Hüthens, in allen Bedeutungen dieses Zeitwortes, und ohne Plural. 1) In der allgemeinen Bedeutung, die Handlung, da man durch seine Gegenwart und durch Beobachtung ein Übel von einem Dinge abzuwenden sucht; in welcher Bedeutung es im Hochdeutschen größten Theils veraltet ist. La mich niht us diner huot, Jacob von Warte, aus deiner Aufsicht, aus deinem Schutze. Eine Sache in seiner Huth haben, in seiner Aufsicht, Verwahrung.


Doch den Befehl hielt ich mit Fleiß in Huth,

Opitz.


befolgte, beobachtete ihn.


Da er das merkt, ging er mit Huth

Weißlich wieder auf die eben,

Theuerd. Kap. 56,


mit Behutsamkeit. Nur Hagedorn sagt noch:


Daß er zu treuer Huth den falschen Freund empfohlen.


S. Obhuth, welches noch zuweilen in dieser Bedeutung vorkommt. Im Osnabrückischen ist die Huth, Nieders. Hode, noch jetzt der obrigkeitliche Schutz. Jeder Unterthan muß sich daselbst in eine gewisse Hode oder Huth begeben, wenn nicht sein Vermögen nach seinem Tode, wenn er hodenlos oder huthlos stirbt, eingezogen werden soll. Dergleichen huthlose Unterthanen werden daselbst Biesterfreye genannt. Besonders gebrauchte man es ehedem für Bewachung, Wache, so fern es eine Handlung bezeichnet, welche Bedeutung in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt. Darum sollen die Leviten der Huth warten an der Wohnung des Zeugnisses, 4 Mos. 1, 53. Wir behalten die Huth des Herren unsers Gottes, 2 Chron. 13, 11; die Wache am Tempel. Und sollt auf die Huth des Herren warten, 3 Mos. 8, 35; d.i. die Wache an der Stiftshütte besorgen. Wo es denn auch den Ort bezeichnete, wo man auf der Wache stehet; den Posten. Hie stehe ich auf meiner Huth, Hab. 2, 1. Ich stelle mich auf meine Huth alle Nacht, Es. 21, 8. Von welchem Gebrauche im Hochdeutschen noch einige figürliche Arten des Ausdruckes üblich sind. Auf seiner Huth seyn, sich vorsehen, daß man nicht einen Fehler begehe, oder nicht Schaden leide; eigentlich, auf seinem Posten seyn. Du hättest besser auf deiner Huth seyn sollen. Auf guter Huth seyn. Er mag wenigstens auf der Huth seyn, um mir gleich Nachricht zu geben, wenn sie kommt, Weiße. Stelle dich ein wenig auf die Huth, daß mich niemand störe, ebend. 2) In engerer Bedeutung, die Hüthung des Viehes. Die Huth verdingen. Dem Hirten den Lohn für die Huth bezahlen.


Den Hirtentanz vollenden die Hirten auf der Huth,

Hag.


2. * Eine hüthende Person; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher es ehedem häufig in engerer Bedeutung gebraucht wurde, eine oder mehrere die Wache habende Personen zu bezeichnen, einen Wachposten. Sie gingen durch die erste und andere Huth, Apostelg. 12, 10. Und stellete die Huth der Priester und Leviten, Nehem. 13, 30. Die Hinterhuth oder Nachhuth war ehedem der Nachtrab eines Kriegesheeres, die Arriere-Garde, so wie Vorhuth der Vortrab, die Avant-Garde. 3. Ein Bezirk, welcher jemandes Huth, d.i. Aufsicht, anvertrauet ist; eine nur noch in einigen Gegenden übliche Bedeutung. So ist im Osnabrückischen Hode oder Huth der Bezirk,[1337] über welchen jemand die Huth oder die Schutzgerechtigkeit zu üben hat. Auch der Wald von S. Sebald bey Nürnberg ist in sechs Districte eingetheilet, welche Huthen genannt werden. Einer jeden Huth ist eine Forsthuth zugeeignet, Mansus forestalis oder Praedium, worin der Förster wohnet. 4. Die Sache, welche jemandes Huth, oder Aufsicht anvertrauet ist; wo es doch nur in engerer Bedeutung von einer Herde Vieh gebraucht wird, vornehmlich in Niedersachsen. Krankes Vieh unter die gemeine Huth treiben. Eine Huth Schafe, Ochsen, Pferde, Gänse u.s.f. 5. Der Ort, wohin das Vieh zur Weide getrieben wird; die Viehweide, Weide, der Weidgang. Das Rittergut hat vortreffliche Huthen. Ingleichen das Recht, sein Vieh auf eines andern Boden zu weiden. Huth und Trifft, im Oberd. Trieb und Trath, wo Trift in engerer Bedeutung das Recht, es auf den Brachäckern zu weiden, bezeichnet, Huth aber alle zur Weide bequemen Plätze in sich schließet. Nach dem Frisch ist Huth in Staphorsts Hamburg. Kirchen-Chron. auch mehrmahls ein Feldmaß, welches ungefähr eilf Morgen Landes begreift. Allein, da es mir in dieser Bedeutung sonst nicht vorgekommen ist, so stehet noch dahin, ob für Huut daselbst nicht Hund gelesen werden müsse, welches, wie schon bey diesem Worte angemerket worden, im Bremischen ein Feldmaß ist, daselbst aber nur den sechsten Theil eines Morgens beträget. Es müßte denn zu dem Hollsteinischen Heitschäffel gehören, welches ein Flächenmaß von 144 bis 240 Quadrat-Ruthen ist. S. 2. Hund und Heitschäffel.

Anm. Bey dem Notker ist Huote, im Schwabensp. Hute und Hute, und im Engl. Heed, die Wache. S. das folgende.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1337-1338.
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