Kalt

[1472] Kalt, kälter, kälteste, adj. et adv. im schärfsten Verstande, aller Wärme beraubt. Da nun kein bekannter Körper in der Welt aller Wärme gänzlich beraubt ist, so gibt es auch keinen vollkommen kalten Körper, daher kalt auch nur ein relativer Ausdruck ist, welcher einen geringern Grad von Wärme bedeutet, als ein anderer Körper hat; im Gegensatze des warm und heiß.

1. Eigentlich. 1) Überhaupt, weniger Wärme habend als ein anderer Körper. Die Brühe ist zu heiß, laß sie ein wenig kälter, oder ein wenig kalt werden. Im Hüttenbaue sagt man, den Ofen kalt thun, wenn man das Feuer mäßiget. S. Kühl. 2) In engerer Bedeutung. (a) Vom Feuer nicht erhitzt oder erwärmet. Der Ofen ist schon wieder kalt. Die kalte Schale, S. Schale. Das Eisen kalt schmieden, ohne es zu glühen. Kaltes Wasser, im Gegensatze des warmen. Gerne kalt trinken, ungewärmt. Kalte Speisen. Etwas Kaltes essen, ungewärmte Speisen, welche man auch kalte Küche zu nennen pfleget. Das kalte Lager, in den Salzwerken, wenn nicht gesotten wird; das Kaltlager. Ein kalter Schlag, ein Donnerschlag, welcher nur schmettert, ohne zu zünden. Nach einer noch weitern Bedeutung wird kalt bey verschiedenen Handwerkern und Künstlern auch von solchen Dingen gebraucht, welche ohne Hülfe des Feuers geschehen. Die kalte Vergoldung, welche mit bloßem im Königswasser aufgelöseten Golde geschiehet. Das kalte Silber oder Kaltsilber, bey den Gürtlern, eine Vermischung von Weinstein und Silberkalk, womit dasjenige, was mit Schmelz- und Brennsilber versilbert worden, zum dritten Mahle übersilbert wird. (b) Gemeiniglich ist die gewöhnliche natürliche Wärme des menschlichen Körpers[1472] der Maßstab, welcher die Kälte bestimmet, und da nennet man diejenigen Körper kalt, welche weniger Wärme haben, als unser Körper, und demselben daher bey der Berührung so viel Wärme benehmen, daß dadurch eine empfindliche Veränderung in uns entstehet. Das Eisen ist kalt. Das Wasser ist mir zu kalt. Kalte Hände haben. Es wird kalt, von der Witterung. Es ist heute sehr kalt. Kaltes Wetter, ein kalter Winter, ein kalter Wind. Eiskalt, ein hoher Grad der Kälte. Das kalte Fieber, ein Wechselfieber, welches Frost und Hitze verursacht; im gemeinen Leben das Kalte, das Kaltweh. Von kalter Natur seyn, weniger natürliche Wärme haben als andere Menschen. Auch die Empfindung, welche diese verminderte natürliche Wärme verursacht, heißt kalt. Es ist mir kalt. Es ward ihm kalt und warm.

2. Figürlich. 1) Eine kalte Fährte, bey den Jägern, eine Fährte, welche schon 24 Stunden alt ist, und keine Witterung mehr hat; eine alte Fährte, vornächtige Fährte, Spatfährte. 2) Von verschiedenen Gemüthsbewegungen, welche mit einer Empfindung der Kälte verbunden sind.


Von kaltem Schrecken bleich bat jeder um sein Leben,

Weiße.


Der Schauer, welcher mich mit kalter Angst durchläuft,

Weiße.


3) Aller lebhaften Empfindung beraubt; im Gegensatze dessen was in figürlichem Verstande warm ist. Eine kalte Liebe. Der kalte Beyfall des Verstandes, im Gegensatze des warmen Gefühles des Herzens. Sich kalt stellen, als wenn man nicht gerührt sey. Die heißesten Bitten eines Freundes sind zu kalt gegen die Liebkosungen des Liebhabers. Bey aller Wärme, meines Herzens blieb doch mein Kopf kalt genug, alles in Betrachtung zu ziehen, Wiel. Jemanden mit kaltem Blute ermorden, ohne Gemüthsbewegung. S. Kaltblütig. In engerer Bedeutung, Mangel der Freundschaft habend, und darin gegründet. Sehr kalt gegen jemand thun. Ein kalter Freund. Kalt gegen jemand gesinnet seyn. S. Kaltsinnig. Ingleichen, dessen Leidenschaften und Empfindungen schwer zu bewegen sind. Ein kaltes Herz. Wie auch, was nicht fähig ist, lebhafte Empfindungen hervor zu bringen. Ein kaltes Gedicht.

Anm. Bey dem Ulphilas kalds, bey dem Kero chalt, im Nieders. und Dän. kold, im Angels. ceald, im Engl. chill und cold, im Holländ. koudt, im Schwed. kalt, im Lat. gelidus. Da die Kälte eine unangenehme Empfindung macht, so scheinet es, daß kalt überhaupt schmerzhaft bedeutet habe, und da würde es nicht nur zu dem Hebr. חיל, Nieders. Köle, der Schmerzen, und killen, heftig schmerzen, (S. Qual,) gehören; sondern es würde auch begreiflich seyn, warum der Gegensatz von kalt im Lateinischen calidus, Italiänischen caldo, Französischen chaud, genannt worden. Beyde bestehen in einer unangenehmen Empfindung.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1472-1473.
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