Kleben

[1611] Klêben, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist.

I. Als ein Neutrum, welches im Hochdeutschen das Hülfswort haben, im Oberdeutschen aber auch seyn bekommt. 1. Eigentlich, hangen bleiben, am eigentlichsten von Dingen, welche vermittelst einer zähen Feuchtigkeit an andern hangen bleiben. An etwas kleben bleiben. Die Zunge klebte mir vor Durst an dem Gaumen. Das Pech klebt an den Händen, der Koth an den Kleidern. Er klebt von Kothe, wenn man ihn angreift, bleibt die Hand an ihm kleben.


An seinen Händen klebt

Noch seines Sohnes Blut,

Raml.


Ingleichen vermittelst eines oder mehrerer Haken hangen bleiben. So bleibt in der Feuerwerkskunst eine Ankerkugel kleben, wenn sie sich mit ihren Haken anhängt. Die Kletten kleben, wenn sie sich vermittelst kleiner Haken anhängen. Die Lerchen bleiben in dem Klebegarne kleben, wenn sie sich mit den Flügeln in dessen weiten Maschen verwirren und darin hangen bleiben. 2. Figürlich. 1) An einem Orte kleben bleiben, sich länger als nöthig daselbst aufhalten. 2) Die Hände kleben lassen, gern heimlich etwas entwenden; gern etwas an den Fingern kleben lassen, kleberige Hände oder Finger haben. 3) Es bleibt nichts bey ihm kleben, er behält nichts, fasset nichts in dem Gedächtnisse. 4) An etwas kleben, sein Herz daran hängen, demselben auf eine dauerhafte Art ergeben seyn; gemeiniglich im verächtlichen Verstande. An alten Sitten und Gewohnheiten kleben. Daraus seh ich, daß er[1611] fromm ist und nicht bloß am Zeitlichen klebet, Gell. 5) Auf eine dauerhafte Art mit etwas verbunden seyn; doch nur noch am häufigsten in dem zusammen gesetzten ankleben.

II. Als ein Activum, kleben machen, vermittelst einer zähen Feuchtigkeit befestigen; in welchem Verstande es im Hochdeutschen sehr häufig für das richtigere kleiben gebraucht wird, S. dasselbe.

Anm. Als ein Neutrum bey dem Ottfried klivan und kleban, bey dem Notker chleben, im Nieders. kliven und kleven, im Angels. cleofan, im Dän. kläve, im Schwed. klibba, im Pohln. kleie, ich klebe. Ottfried gebraucht es auch theils für ankleben, theils für anhangen, mit der dritten Endung der Person, theils für liegen: balo ther uns klibit, die Boßheit, welche uns anklebet. Zi herzen er'mo klebeta, er lag ihm am Herzen. Im Griech. ist γλια Leim, Lat. Glus, Gluten, Franz. Glu. Bemerket man, daß der Gaumenbuchstab sich in manchen Mundarten so gern an die flüssigen Mitlauter hänget, so wird man den Stamm dieses Wortes in Lab, liefern, geliefern finden, S. diese Wörter. Im Wendischen ist lepin, lepenza, kleben, ohne Gaumenlaut. S. auch Kley, Klette, Kleiben, Kleister, Klamm, Leim u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1611-1612.
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