Kleiden

[1616] Kleiden, verb. reg. act. mit einem Kleide oder mit Kleidern versehen.

1. In der weitesten Bedeutung des Hauptwortes, nur noch in einigen Fällen. Eine Kugelbüchse kleiden, sie mit dem nöthigen Beschläge versehen. In engerer Bedeutung, mit einer zur Zierde dienenden Decke versehen. Den Altar, die Kanzel kleiden, die Bedeckung derselben machen lassen. Lassen sie den Altar kleiden, Gell. Noch häufiger kommt es in dieser weitesten Bedeutung in den zusammen gesetzten bekleiden, abkleiden, und verkleiden vor.

2. In der engern Bedeutung des Hauptwortes Kleid. 1) Die Kleidungsstücke anlegen. Ihr kleidet euch und könnt euch doch nicht erwärmen, Hagg. 1, 6. Im Hochdeutschen gebraucht man es in dieser Bedeutung nur in den zusammen gesetzten ankleiden, auskleiden, verkleiden, umkleiden. 2) Die nöthigen Kleidungsstücke verschaffen. Jemanden neu kleiden lassen. Den Nackenden kleiden. Sich nach der Mode kleiden. Ingleichen figürlich. Die Lämmer kleiden dich, Sprichw. 27, 26, geben den Stoff zu deinen Kleidungsstücken her.

3. In noch engerer Bedeutung, den Leib oder Rumpf kleiden, mit Ausschließung des Kopfes und der Füße. Besonders,

1) In engerer Bedeutung, mit einem Kleide, so wie es der Wohlstand erfordert, versehen. Jemanden kleiden lassen. Sich neu kleiden. Sich nach der Mode kleiden. Schön gekleidet einher gehen. Schwarz gekleidet gehen. Wie geht er gekleidet? was für ein Kleid trägt er? Sich in Seide, in Tuch, in Sammet kleiden, wofür in der Deutschen Bibel das im Hochdeutschen ungewöhnliche Vorwort mit gebraucht wird. Und kleidete ihn mit weißer Seiden, 1 Mos. 41, 42. In der Bedeutung des bloßen Anlegens eine Kleides sind auch hier die zusammen gesetzten ankleiden, auskleiden, umkleiden, verkleiden üblicher; ob man gleich sagt, er ist heute schön, prächtig gekleidet, er hat heute ein schönes, ein prächtiges Kleid an.

2) Figürlich. (a) Mit einer Sache zur Zierde, als mit einem Kleide versehen. Gott kleidet das Gras, Luc. 12, 18. Die ganze Natur kleidet sich jetzt mit den schönsten Farben. Der Wald kleidet sich in Grün, oder mit Grün. Die biblischen Ausdrücke, mit Heil, mit Gerechtigkeit, mit Dunkel, mit Schande kleiden, sind außer der biblischen Schreibart ungewöhnlich. Mit dem zusammen gesetzten bekleiden würden sie sich im Hochdeutschen eher nachahmen lassen. (b) Für anstehen, lassen, von Kleidungsstücken und Handlungen, besonders äußern Handlungen, in Beziehung auf die Person, welche sie trägt, oder vornimmt; wo es als ein Neutrum, wenigstens ohne Passivum gebraucht, und gemeiniglich mit der vierten Endung der Person[1616] verbunden wird. Diese Farbe kleidet ihn gut, kleidet ihn schlecht, gibt ihm ein gutes, ein schlechtes äußeres Ansehen. Wie schön diese Röthe sie kleidet! Das Befehlen kleidet dich noch nicht recht. Ein ernstes Gesicht kleidet ihn gut. Das Moralisiren kleidet sie sehr schlecht. In engerer Bedeutung, für gut kleiden. Er hat einen großen Hieb am Kinne, der ihn aber kleidet, Hermes. Die vierte Endung ist richtig, so bald ausgemacht ist, daß kleiden in dieser Bedeutung eine bloße Figur der vorigen ist. Indessen ist es noch eine Frage, ob es nicht in dieser Bedeutung zu dem Zeitworte lassen, Nieders. laten, gehöret, welches in eben diesem Verstande gebraucht wird; das lässet ihm gut, schlecht. Für diese Ableitung streitet unter andern auch, daß kleiden in dieser Bedeutung ein Neutrum ist, so wie lassen, dagegen es in allen andern Fällen ein Activum ist. Wäre diese Ableitung erwiesen, so müßte kleiden nicht auch in dieser Bedeutung mit der dritten Endung der Person verbunden werden. Das kleidet dir, ihm gut. Im gemeinen Leben spricht man wirklich so; dagegen man in der Büchersprache die vierte gebraucht.

Daher die Kleidung, S. solches besonders.

Im Dän. kläde, im Schwed. klaeda, so wohl in eigentlichem Verstande, als in dem figürlichen, des wohl Anstehens, decere.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1616-1617.
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