Knie, das

[1662] Das Knie, (einsylbig,) des Knies, (zweysylbig,) plur. die Knie, (gleichfalls zweysylbig,) Diminut. das Kniechen, Oberd. Knielein; ein nach einem Winkel gebogener Theil eines Dinges, und ein nach einem Winkel gebogenes Ding selbst. 1) Überhaupt; in welcher weitesten Bedeutung es noch sehr häufig gebraucht wird, dergleichen nach einem gemeiniglich rechten Winkel gebogene Dinge, und die durch diesen Bug gemachte Hervorragung zu bezeichnen. So werden die winkelig gewachsenen Hölzer in dem Schiffbaue, welche zur Verbindung der Balken mit den untern Theilen des Schiffes gebraucht werden, und andere ähnliche zur Verbindung und Unterstützung der Theile eines Schiffes gehörige Hölzer, wenn sie die Gestalt eines menschlichen Knies, so wie es im Sitzen gebogen ist, haben, Knie oder Kniehölzer genannt. In einigen Gegenden, z.B. an den Elb- oder Oderkähnen, werden sie nach einer rauhern Aussprache Knaggen genannt. Dahin gehören auch die Knacken der Tischler, d.i. der einen Hälfte nach rechtwinkelige Breter, eine horizontale Fläche zu unterstützen. An den Röhren in den Wasserleitungen sind die Knie diejenigen Ecken, wo zwey Röhren unter einem Winkel zusammen stoßen. Auch in der bürgerlichen Baukunst und bey den Handwerkern, heißen nach einem Winkel zubereitete Hölzer, zwey in eben einem solchen Winkel in einander stoßende Flächen zu verbinden, Knie; welchen Nahmen auch in vielen Fällen einzelne Hervorragungen an manchen Dingen führen. 2) In engerer und der gewöhnlichsten Bedeutung, diejenige Hervorragung an den Füßen der Menschen und mancher Thiere, welche durch die biegsame Verbindung des Dick- und Schienbeines entstehet. Sich auf die Knie niederlassen. Auf die Knie fallen, so wohl eigentlich, als auch figürlich, plötzlich niederknien; sich auf die Knie werfen. Vor jemanden auf die Knie fallen, sich vor ihm auf die Knie werfen. Auf den Knien liegen. Auf den Knien bitten, bethen, flehen. Die Knie vor jemanden beugen, vor ihm niederknien. Etwas über das Knie abbrechen, im gemeinen Leben, figürlich, es kurz und schlecht verrichten, sich nicht die gehörige Zeit dazu nehmen.

Anm. In der engern Bedeutung bey dem Kero Chneu, bey dem Raban Maurus Chniu, bey dem Ottfried Knio, im Nieders. Knee, im Dän. Knä, im Angels. Cneow, Cneou, im Engl. Knee, bey dem Ulphilas Kniu, im Isländ. Hnie, Knie, im Schwed. Knae, im Lat. Genu, im Griech. κονυ, γονυ, γνυα, im Alban. Giu. Entweder von neigen, im Isländ. hneigan,[1662] so fern es ehedem auch biegen bedeutete, wovon knicken das Intensivum ist, oder auch, so fern zunächst auf die Hervorragung gesehen wird, mit Knopf, Knöbel, Knote und andern dieser Art aus einer und eben derselben Quelle. Im Schwed. ist daher Kno die Faust, und im mittlern Lat. Genu der Elbogen. S. auch Knöchel. Da durch das Knie in der weitesten Bedeutung auch mehrere Theile mit einander verbunden werden, so wird es in den ältern Niedersächsischen Schriften, so wie im Schwedischen auch häufig, so wohl von dem Grade der Verwandtschaft, welcher gewöhnlicher das Glied heißt, als auch von der Generation, Geschlechtsfolge überhaupt gebraucht, welche Bedeutung sich noch im Dithmarsischen findet. Indessen stehet es dahin, ob es in diesem Verstande nicht vielmehr aus dem alten Kunne, das Geschlecht, Griech. γενος, im mittlern Lat. Genu, zusammen gezogen ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1662-1663.
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