Korn (2), das

[1722] 2. Das Korn, des -es, plur. die Körner. Dimin. das Körnchen, Oberd. Körnlein.

1. Überhaupt, ein jeder kleiner rundlicher, besonders harter Körper.

1) Eigentlich. Der Sand bestehet aus kleinen dem ersten Anscheine nach runden, aber in der That eckigen Körnern; ein Sandkorn, Sandkörnchen. Das Gold, verschiedene Arten des Eisenerzes, Granaten, Quarz u.s.f. werden in Körnern gefunden, da sie denn diesen Nahmen führen, so bald die Stückchen, woraus sie bestehen, kleiner als eine kleine Haselnuß werden. Mastix in Körnern, Bley in Körnern u.s.f. Ein Pfefferkorn, Pulverkorn, Salzkorn u.s.f. In den Hüttenwerken und in der Metallurgie ist das Korn das runde Stückchen reinen Silbers, welches sich im Probiren nach dem Abtreiben auf der Capelle setzt. Auch die kleinen runden Stückchen Silber, welche sich in dem Tretbeherde verkriechen, führen den Nahmen der Körner. An den Schießgewehren und Kanonen ist das Korn das kleine längliche Knöpfchen nahe an der Mündung, wonach man zielet, und welches auch das Visirkorn und das Richtkorn genannt wird. An den Feuerröhren befindet sich auch ein solches Korn nahe an der Pfanne. Etwas auf dem Korne haben, im gemeinen Leben, seine Aufmerksamkeit darauf richten, sich um dasselbe bemühen u.s.f. Auch die kleinen Samenkörper des Gewächsreiches können Körner genannt werden. Ein Senfkorn, Mohnkorn, Gerstenkorn, Weitzenkorn, Hirsekorn. Ein Acker trägt das zwanzigste Korn, wenn man zwanzig Mahl mehr einerntet, als man ausgesäet hat. Die Erhöhungen, welche ein harter uneben springender Körper auf dem Bruche macht, sind unter dem Nahmen des Kornes bekannt, wo es doch nur collective und im Singular gebraucht wird, ein grobes, ein feines Korn haben; ja zuweilen auch das ganze Gewebe eines solchen Körpers bezeichnet. Der Wetzstein hat ein feineres Korn als der Sandstein. Vermuthlich rühret es auch daher, daß man die innere Güte der Münzen durch das Wort Korn ausdruckt. Eine Münze von gutem Schrot und Korn, wo sich Schrot auf das Gewicht, Korn aber auf den Gehalt beziehet. Eine Münze von feinem Silber zeigt auf dem Bruche ein feineres Korn, als wenn sie stark mit Kupfer vermischt ist. Indessen läßt sich diese R.A. auch bequem durch das bereits[1722] gedachte Korn der Capelle erklären. Eine Münze von gutem Korne würde eine solche seyn, welche bey der Probe auf der Capelle ein Silberkorn von gehöriger Schwere hinterlässet. Noch eine Erklärungsart, da es als eine bloße Übersetzung des Latein. Granum und daraus gebildeten Deutschen Gran und Grän angesehen werden kann, ist wenigstens eben so wahrscheinlich. Es ist bekannt, daß man den Gehalt der Gold- und Silbermünzen nach Gränen oder Granen bestimmt. Übrigens werden die beyden Ausdrücke Schrot und Korn jederzeit mit einander verbunden, so wie diese R.A. figürlich auch von andern Dingen gebraucht wird. Ein Mann von gutem alten Schrot und Korn.

2) Figürlich, ein wenig; besonders in Niedersachsen, wo man es auch von solchen Dingen gebraucht, welchen man sonst keine Körner zuschreiben kann. Ein Körnchen Brot, ein wenig Brot. Ein Korn Zeit. Komm ein Körnchen näher. Das Schwed. Korn wird in eben dieser Bedeutung gebraucht, und dienete ehedem sogar Diminutiva zu machen; Ordkorn, Wörtchen, Hjertekorn, Herzchen, Huskorn, Häuschen, Lioskorn, Lichtchen u.s.f.

2. In engerer Bedeutung, wo es die Samenkörner derjenigen Pflanzen bezeichnet, welche zu Brot und Milchspeise gebraucht werden.

1) Eigentlich, für Getreide überhaupt; in welcher Bedeutung es im gemeinen Leben, besonders Niederdeutschlandes sehr üblich ist, aber alsdann nur collective und im Singular gebraucht wird. Das Korn wird theuer, schlägt auf. Mit Korn handeln. Viel Korn bauen. Sommerkorn, Winterkorn. Im Oberdeutschen gebraucht man es in diesem Verstande auch wohl im Plural allein. Die Körner werden wohlfeil, das Getreide. Das Türkische Korn, welches in Amerika zum Brote gebraucht, und daselbst Mays genannt wird, Zea L. Himmelskorn, Davidskorn, oder Ägyptisches Korn, Nahmen der vierzeiligen nackten Gerste. Heidekorn, Buchweitzen. Schon Notker gebraucht Chorn für Getreide, so wie das mittlere Lat. Granum, das Franz. Grain, das Dän. und Schwed. Korn, und das Engl. Corn in eben dieser Bedeutung üblich sind.

In noch engerer Bedeutung wird in jeder Gegend diejenige Getreideart, welche daselbst am häufigsten gebauet wird, vorzugsweise Korn genannt, wo es gleichfalls nur im Singular und als ein Collectivum gebraucht wird. So heißt im Isländ. die Gerste Korn, und im Westphalen wird der Hafer nur Kören genannt. Weißes Korn ist daselbst weißer Hafer. In Schwaben und Franken führet der Dinkel den Nahmen des Kornes oder Kernes, und Notker nennet den Weitzen nur den Kern. Am häufigsten führet der Rocken in Ober- und Niedersachsen den Nahmen des Kornes und in der Schweiz des Kernes. Sommerkorn, Winterkorn, Staudenkorn. Korn säen, dreschen u.s.f. Wo denn auch die Pflanzen diesen Nahmen führen. Das Korn steht schön, blühet lagert sich u.s.f.

In beyden Fällen wird es im Hochdeutschen zwar auch im Plural gebraucht; allein alsdann bedeutet es nicht die Getreideart, sondern die Samenkörperchen selbst. Den Zehnten in Körnern bezahlen, in ausgedroschenem Getreide, zum Unterschiede von dem Garbenzehnt.

2) Figürlich, wo es in einigen Fällen ein kleines Maß bezeichnet, welches der Dicke eines Gerstenkornes gleicht, und deren zwölfe einen Zoll machen. So gebrauchen es wenigstens die Schlösser, wenn sie die Stärke des Eisens zu Gattern und Sprengwerken nach Körnern bestimmen, da es denn so viel als eine Linie ist. S. Gran.

Anm. Bey dem Ulphilas Kaurno, bey dem Ottfried Korn, im Tatian Corn. Es ist mit Kern genau verwandt, und scheinet[1723] zunächst den Begriff der Ründe auszudrucken, ob es gleich von den frühesten Zeiten an nur von sehr kleinen runden Körpern gebraucht worden. S. Kern, Kirsche, Kornelle, Hirse.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1722-1724.
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