Kratzen

[1756] Kratzen, verb. reg. act. mit einem scharfen oder spitzigen Werkzeuge hart über die Oberfläche eines Dinges fahren. Die Katzen kratzen, wenn sie mit ihren Klauen oder Krallen die Haut verwunden. Die Hühner kratzen in die Erde, mit ihren Füßen, wofür doch scharren üblicher ist. Jemanden mit den Nägeln kratzen. Sich in dem Kopf kratzen, mit den Nägeln der Finger. Sich hinter den Ohren kratzen, im gemeinen Leben, zum Zeichen der Reue über etwas. Die Wollkämmer kratzen die Wolle, wenn sie selbige mit der Kratze oder dem Krätzkamme kämmen. Die Metallarbeiter kratzen ihre Arbeiten, wenn sie selbige mit der Kratzbürste reiben. Falsch geschriebene Buchstaben kratzet man mit dem Federmesser aus. Ingleichen figürlich, so wohl schlecht schreiben, als auch stümperhaft auf einem[1756] Saiten-Instrumente spielen. Ferner, eine Empfindung verursachen, als wenn man gekratzt würde. So sagt man von einem sauren geschwefelten Weine, er kratze im Halse. S. Krätzer.

Anm. Bey dem Hornegk chraczen, im Nieders. kritzen, im Schwed. kratta, im mittlern Lat. gratare, im Franz. grater, im Ital. grattare, im Engl. to grate und scratch. Es drucket den mit dem Kratzen verbundenen Schall sehr genau aus, daher es nicht nur in so vielen Sprachen angetroffen wird, wo es in weiterer Bedeutung auch graben und schaben bedeutet, wie in dem Lat. radere, eratire, dem Griech.χαραττω, und dem Hebr. חרת und גרד; sondern auch von mehrern ähnlichen Arten des Schalles vorkommt. So wird das Scharren mit den Füßen und eine Art des Räusperns im gemeinen Leben kratzen genannt. Von dem Griech. χαραττειν, graben, bedeutete χαρακτƞρ einen eingegrabenen Zug, ein eingegrabenes Zeichen, daher denn im mittlern Lat. charaxare so oft für schreiben überhaupt gebraucht wird. S. Kreide. Übrigens ist für kratzen in einigen Fällen auch krauen und im Nieders. kleyen üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1756-1757.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: