Leber, die

[1958] Die Lêber, plur. die -n, Diminut. das Leberchen, Oberd. Leberlein. Es scheinet ehedem, 1) * überhaupt, einen jeden erhabenen, oder seinen Theilen nach fest verbundenen Körper bezeichnet zu haben; im Gegensatze, so wohl eines niedrigern, als auch eines weichern. Hornegk und einige andere alte Oberdeutsche Schriftsteller nennen eine Anhöhe, einen erhöheten Ort, mehrmahls eine Leber, welche Bedeutung in einigen Oberdeutschen Gegenden noch jetzt gangbar ist. König Mela in Ungarn belaib (blieb) enhalb der March und trat an ain Leber, und wolt davon den Feinden des Streites zusehen, Hagen in seiner Österreich. Chronik bey dem Frisch, der dieses Wort aber nicht zu erklären weiß. Im Österreichischen werden die Flur- und Gränzsteine noch jetzt Lebern und Lebersteine genannt. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, in den thierischen Körpern, ein drüsiger großer Theil in dem Unterleibe, gleich unter dem Zwerchfelle, welcher oben und von vornen erhaben ist, die Galle von dem Geblüte absondert, und wegen seiner festern Beschaffenheit oder erhabenern Gestalt, im Gegensatze der weichern und flachern Lunge, den Nahmen der Leber bekommen zu haben scheinet. Deutsch von der Leber weg sprechen, freymüthig, offenherzig reden. Es läuft ihm eine Laus über die Leber, S. Laus. Die Gänseleber, Hechtsleber, Kalbsleber, Rindsleber u.s.f. In der Chymie pflegt man, vermuthlich wegen der Ähnlichkeit in der braunen Farbe, eine Vereinigung des weißen Arseniks mit dem flüssigen feuerbeständigen vegetabilischen Alkali eine Arsenik-Leber zu nennen.

Anm. In der zweyten engern Bedeutung im Oberd. Läber, im Nieders. Lewer, im Dän. Lever, im Angels. Lyfer, im Engl. Liver, im Schwed. Lefver, im Isländ. Lifur. Schon Wachter sahe es ein, daß dieses Wort mit liefern, geliefern Eines Geschlechtes sey, doch nur so fern dasselbe in der weitesten Bedeutung erhaben, fest werden, bezeichnet; ob ihm gleich die erste allgemeine Bedeutung des Wortes Leber, welche diese Verwandtschaft außer allen Streit setzet, unbekannt war. S. Lab und Kleben, welche gleichfalls zu dessen Geschlechtsverwandten gehören. Das Griech. ƞπαρ scheinet auf ähnliche Art mit Haufe verwandt zu seyn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1958.
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