Leid

[2006] Leid, adv. welches ehedem in einem größern Umfange der Bedeutung üblich war als jetzt, indem es, 1) * einen jeden beträchtlichen Grad der unangenehmen Empfindung und eine solche Eigenschaft der Dinge bedeutete, welche dieselbe verursacht. So wurde es z.B. für häßlich, der äußern Gestalt nach, für ekelhaft, beschwerlich, zornig, Ekel, Abscheu empfindend u.s.f. gebraucht, von welchen Bedeutungen, in denen es auch als ein Beywort üblich war, so wohl im Deutschen, als in den verwandten Sprachen noch häufige Beyspiele vorkommen. Die leiden Gäste, die beschwerlichen, unangenehmen, in einem alten Schriftsteller bey dem Frisch. Noch sagt man im gemeinen Leben: ein erzwungener Leid ist Gott leid, wird von Gott gemißbilliget, verabscheuet. Das Schwed. led, Isländ. leidur, Angelsächs. lath, bedeuten so wohl zornig, als auch häßlich, in Ansehung der äußern Gestalt, welche letzte Bedeutung die davon abstammenden Franz. laid und Ital. laido noch haben. In Boxhorns Glossen ist leidlich abscheulich, leidlichen verabscheuen, und Leidsami der Abscheu, und bey dem Kero ist leidsam abscheulich. S. auch Verleiden. 2) Jetzt ist es nur in engerer Bedeutung, einen geringern Grad von Gram, Unruhe, Furcht und Reue empfindend, üblich; in welchen Fällen es aber auch nur noch im gemeinen Leben, und am häufigsten in einigen bereits eingeführten R.A. vorkommt. Es ist mir leid um dich, mein Bruder Jonathan, 2 Sam. 1, 26; ich empfinde Gram, Kummer, um deinen Verlust, dein Verlust dauert mich. Darum lasset uns das leid seyn, und Gnade suchen mit Thränen, Judith 8, 12; lasset uns Reue empfinden. Für sie ist mir nur leid, ich befürchte nur, daß ihr etwas Böses widerfahre. Man hatte mir ein Bißchen leid vor ihnen gemacht, man hatte mir einigen Widerwillen, einiges Mißtrauen gegen sie beyzubringen gesucht. Es thut mir leid, es reuet mich, es kränket mich. Für dich ist mir nur leid, bange. Lassen sie sich nicht leid[2006] seyn, Weiße, fürchten sie sich nicht. Lassen sie es sich nicht leid seyn, bereuen sie es nicht.

Anm. Verschiedene Sprachlehrer geben dieses Wort in seiner heutigen Gestalt für ein Beywort aus, welches nur in der ersten und vierten Endung üblich sey. Allein warum nennen sie es nicht lieber gerade zu ein Nebenwort, da es sich doch nur allein den Zeitwörtern beygesellet? Die zweyte und dritte Staffel waren ehedem üblich; jetzt höret man sie nur noch in der niedrigen Sprechart. S. das folgende.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2006-2007.
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