Mahrflechte, die

[35] Die Mahrflêchte, oder Mahrenflêchte, plur. die -n, eine im gemeinen Leben übliche Benennung des Weichselzopfes, Trica Polonica. S. Weichselzopf. Er wird auch Mahrklatte, Elfklatte, Marenzopf, Dän. Marlocke, Schwed. Marlock genannt. Der Mahr oder Alp hat mit diesem Worte ursprünglich nur eine zufällige Ähnlichkeit, ob es gleich seyn kann, daß man durch den Gleichlaut verführet worden, diejenigen Büschel verwirrter Haare, welche man im gemeinen Leben Mahrflechten nennet, als eine Wirkung des Mahren anzusehen. Die Holländer haben noch das alte Zeitwort marren, Angels. meran, hindern, aufhalten, verwirren, welches, wenn man m und w als zwey Lippenbuchstaben ansiehet, deren Verwechselung nicht selten ist, zu unserm wirren und wehren gehöret, ursprünglich aber mit dem vorigen mähren gleichfalls von mähen, bewegen, abstammet. Ein Mahrzopf oder eine Mahrflechte heißt also nichts andres als ein Zopf unter einander verwirrter Haare, dergleichen sich zuweilen auch in den Mähnen der Pferde finden. In den Gipfeln der Birken finden sich gleichfalls oft solche in Gestalt einer Quaste verwickelter Reiser, welche Mahrquasten heißen, und durch ihren Nahmen den gemeinen Mann zu der Einbildung verleiten, daß der Mahr solche Bäume geritten habe. Auch die Mistel wird wegen einer ähnlichen Verschlingung der Zweige in einigen Gegenden Mahrentacken genannt, von dem Nieders. Tacke, ein Zacke, Zweig.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 35.
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