Maria

[70] Marīa, ein aus dem Hebräischen entlehnter und von je her sehr beliebter Taufnahme des weiblichen Geschlechtes, welcher nach einigen von מדר, bitter, betrübt seyn, nach andern aber von רם, erhöhen, abstammen soll. Im gemeinen Leben lautet er Marīe, Genit. Mariens, und in der Zusammensetzung Marīen, Dat. Marīen, im Diminut. Marīechen, welche denn in manchen Gegenden noch in Merge, Mieke, Mätke, Mätje, Meigeln, Mila, Midel, Meigela, Müzel u.s.f. verkürzt werden. Die Engländer verkürzen ihn in Mall und Moll, und nach der nicht seltenen Verwechselung des m und p, in Pall und Poll, und die Lotharinger in Mairion, Merrio.

Die große Ehrfurcht, welche man in der Römischen Kirche von je her für die Jungfrau Maria, oder Mutter Christi, welche daselbst am häufigsten unsre liebe Frau, oder die Mutter Gottes genannt wird, geheget hat, hat nicht nur viele ihr zu Ehren eingesetzte Feste veranlasset, sondern auch verursacht, daß eine Menge von Pflanzen und andern Dingen, an welchen man etwas Besondres zu entdecken glaubte, nach ihr benannt worden, wovon die folgenden Zusammensetzungen eine kleine Probe sind. Unter den in der Römischen Kirche üblichen, und in der evangelischen auch noch hin und wieder, wenigstens dem Nahmen nach, vorhandenen Festen sind die vornehmsten, Mariä Empfängniß, Mariä Geburt, Mariä Verkündigung, welches in der evangelischen Kirche das Fest der Empfängniß Christi ist, Mariä Heimsuchung, in der evangelischen Kirche, das Andenken der öffentlichen Bekanntmachung des empfangenen Jesu, S. Heimsuchen; Mariä Reinigung, in der evangelischen Kirche, das Andenken der Darstellung Christi in dem Tempel, Mariä Opferung, und Mariä Himmelfahrt, oder Mariä Würzweihe, welches letztere erst im 11ten Jahrhunderte allgemein wurde und den 15ten August gefeyert wird. Zu den geringern Festen der Römischen Kirche gehöret unter andern das Fest der sieben Schmerzen Mariä, welches den Freytag nach Judica zum Andenken der Schmerzen der Jungfrau Maria bey dem Anblicke des auf dem Berge Golgatha leidenden Christus gefeyert, und auch Marien Ohnmachtsfeyer, Mariä Bergkrampf, genannt wird; Mariä Schneefeyer, auf den 5ten August, welches sich auf eine Überlieferung gründet, daß es an diesem Tage einmahl zu Rom soll geschneyet haben; Mariä Verlöbniß, den 23sten Jan. u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 70-71.
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