Meistern

[168] Meistern, verb. reg. act. welches von dem Hauptworte Meister gebildet ist, aber einen großen Theil seiner ehemahligen Bedeutungen verloren hat. Es bedeutete, 1) * Personen oder Sachen vorgesetzet seyn, sie regieren; S. Meister 1. Eine veraltete Bedeutung, in welcher meistron in den Monseeischen Glossen vorkommt. Etwas dieser Bedeutung ähnliches scheinet auch Luther Hiob 38, 33 im Sinne gehabt zu haben: weißest du, wie der Himmel zu regieren ist? oder kannst du ihn meistern auf Erden? Wo es bey Michaelis heißt: Kennest du die Gesetze des Himmels, und machst die Abzeichnung für ihn auf der Erde? 2) Bemächtigen, überwältigen, von Meister, so fern es einen Stärkern, einen Herren bedeutet; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher noch die zusammen gesetzten bemeistern und übermeistern üblich sind.


Ich kenne mich nicht mehr, ich weiß nicht was ich setze,

Die Regung meistert mich,

Gryph.


3) So fern Meister eine mit überlegener Einsicht oder Geschicklichkeit begabte Person bedeutet, ist meistern mit dem Bewußtseyn dieser überlegenen Einsicht tadeln, wo es doch größten Theils nur in engerer Bedeutung und im nachtheiligen Verstande, von der eingebildeten überlegenen Einsicht, oder einem unzeitigen, ungebührlichen Tadel der Handlungen oder Wirkungen eines andern gebraucht wird Schwed. mestra, Franz. maitriser. Sie versuchten[168] Gott immer und meisterten den Heiligen in Israel, Ps. 78, 41. Wer ist mir gleich? Wer will mich meistern? Jer. 49, 19.


Auch der dich meistert, muß dich lieben,

Haged.


Soll die Seele sich entwickeln, und in rechter Größe blühn,

O, so muß kein klügelnd Meistern ihr die Majestät entziehn,

ebend.


Der mein Thun zu meistern denkt,

Predigt tauben Ohren,

ebend.


Der Dünkel meistre dich, es mag die Thorheit richten,

Dusch.


In der im gemeinen Leben üblichen R.A. wer am Wege bauet, hat viel Meister, ist Meister aus dem sonst ungewöhnlichen Meisterer, Tadler, zusammen gezogen. 4) * Von Meister, ein Lehrer, war meistern ehedem lehren, in welcher ganz veralteten Bedeutung Notker meisteren gebraucht. 5) * So fern endlich Meister den Urheber, Verfertiger eines Werkes bedeutet, war meistern ehedem auch hervor bringen, verfertigen, machen. Scripturas die du meistrotost, Notk. die Schriften, welche du verfertigtest. Auch diese Bedeutung ist veraltet; indessen scheinet bey den Färbern noch etwas davon üblich zu seyn, bey welchen meistern die Grundfarbe einrichten bedeutet.

Anm. Das Hauptwort die Meisterung ist nicht üblich. Im Schwed. heißt mestra auch zerbrechen, wo es besonders von dem Glase und den Fenstern gebraucht wird, aber alsdann ein ganz anderes Zeitwort ist, welches vermuthlich zu meiden, mähen, schneiden, stoßen, bey dem Ulphilas maitán, gehöret. Siehe Meißel.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 168-169.
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