Merken

[181] Mêrken, verb. reg. act. welches in gedoppelter Bedeutung üblich ist.

1. Eigentlich, zeichnen, mit einem Merke, einer Marke oder einem Zeichen versehen, um eine Sache daran wieder zu erkennen, wofür doch marken üblicher ist; bey dem Ulphilas markan, im Nieders. marken, im Schwed. märka, im Bretagnischen merca, im Engl. to mark. Einen Ballen Waare merken, zeichnen, marken. Das Vieh merken. Einen Tag im Kalender merken, anzeichnen. Einen Ort merken, zeichnen. S. auch Anmerken und Bemerken.[181]

2. Figürlich. 1) Die Gegenwart einer Veränderung aus gewissen Merk- oder Kennzeichen schließen, oder muthmaßlich urtheilen, wo es von allen Sinnen gebraucht werden kann, so fern sie zur Empfindung dieser Merkmahle oder Kennzeichen dienen. Ich merke nichts, sagt man, wenn man berühret wird, und keine Empfindung davon hat. Pharao merkte, daß es ein Traum war, 1 Mos. 14, 7. David nahm den Spieß und den Wasserbecher – und war niemand, der es sahe, noch merkte, 1 Sam. 26, 12. Ich merke deine List. Den Possen, die Schelmerey merken. Man stichelte auf ihn, aber er merkte nichts. Ich merke, daß ich abnehme. Damit es die Leute nicht merken. Ich merkte, daß mein Gesicht glühete. Aus allen Umständen merke ich, daß er es sehr ungern thut. In weiterer Bedeutung für erkennen, urtheilen, ist es im Hochdeutschen nicht mehr üblich, ob es gleich in der Deutschen Bibel sehr häufig in derselben vorkommt. Ein Vernünftiger merket den Mann an seinen Geberden, Sir. 19, 26. An den Früchten merket man, wie des Baums gewartet ist, also merket man an der Rede, wie das Herz geschickt ist, Sir. 27, 7. Durch den Glauben merken wir, daß die Welt durch Gottes Wort fertig ist, Ebr. 11, 3; und so in andern Stellen mehr. Wohl aber mit dem Zeitworte lassen. Etwas merken lassen, machen, daß andere das Daseyn einer Veränderung an uns aus gewissen Merkmahlen schließen können. Er sucht etwas darin, seinen Verdruß merken zu lassen, oder andere seinen Verdruß merken zu lassen; nicht andern, weil, wenn die R.A. aufgelöset wird, die Person in der ersten Endung stehet, zu machen, daß andere seinen Verdruß merken. Laß ihn nichts davon merken. Laß nicht merken, daß du Französisch verstehest. Ich bin krank, aber ich lasse es nicht merken. Ich habe ihn gebethen, dich nichts merken zu lassen, Gell. Ingleichen, als ein Reciprocum. Er ließ sichs merken, daß er ihn nicht gern sahe. Laß dich nichts merken, d.i. gib keinen Anlaß, daß man etwas davon merke, besonders so fern der Anlaß durch Worte gegeben wird. Die dritte Endung, laß dir nichts merken, wie viele sprechen und schreiben, ist eben so unrichtig, als laß mir es nicht empfinden, lassen sie mir es thun u.s.f. Laß dich ja nichts gegen ihn von der Sache merken. Hat sie sich etwas davon gegen dich merken lassen? 2) Acht haben, Acht geben, zu bemerken, und in weiterer Bedeutung, zu erkennen suchen; als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. Merket mit Fleiß und schauet, obs daselbst zugehet, Jerem. 2, 10. Im Hochdeutschen nur noch mit dem Vorworte auf; auf etwas merken, seine Aufmerksamkeit darauf richten. Jedermann merket auf meine Handlungen. Dann merket die Welt auf deine Gaben, Gell.


Der Knabe, den Irin gelehrt,

Auf jede Schönheit der Natur zu merken,

Kleist.


Merke auf meine Worte. Du merkest nicht auf mich. Merket wohl auf diesen Umstand. S. auch Aufmerken. 3) Vermittelst gewisser Kennzeichen im Gedächtnisse behalten, und in weiterer Bedeutung überhaupt, im Gedächtnisse behalten. Merke dir den Ort, wo du es hingelegt hast. Wer kann merken, wie oft er fehlet? Ps. 19, 13. Ich werde mir es merken. Sich etwas aus der Predigt, aus einem Buche merken. Das Wort ist schwer zu merken.

Das Hauptwort die Merkung ist nur in den Zusammensetzungen üblich.

Anm. Bey dem Willeram merchen, im Angelsächs. mearcan. Es stammet von Mark, ein Zeichen her, siehe dieses Wort. In der ersten und zweyten figürlichen Bedeutung ist es zwar eigentlich ein Activum, ob es gleich in der leidentlichen[182] Gestalt seltener vorkommt, sondern am häufigsten das Ansehen eines Neutrius hat.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 181-183.
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