Milch, die

[205] Die Milch, plur. car. 1. Überhaupt, ein jeder weicher, weißer, milder Körper; in welcher weitesten Bedeutung es doch nur noch in einigen Fällen üblich ist. So werden in der Bienenzucht die jungen Bienen, so lange sie noch in Gestalt der Maden in einem weißen dicklichen Safte liegen, die Milch genannt. Bey den Fischen männlichen Geschlechtes ist die Milch der männliche Same, welcher die Gestalt eines weißen, dicklichen, aber sehr milden und weichen Körpers hat, daher die Fische männlichen Geschlechtes auch Milcher genannt werden, S. dieses Wort. Im Nieders. heißt diese Milch Milte, (S. Milz,) im Schwed. Mjölk, im Lat. Lactes, im Franz. la Lait, im Span. Leche. S. auch Milchfleisch, Milchhaar, ingleichen Milz. In andern Fällen scheinet es mehr eine Figur der folgenden Bedeutung zu seyn. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist die Milch bey den Menschen und vierfüßigen Thieren ein ausgearbeiteter weißer, süßer, milder Nahrungssaft, welcher in den Brüsten und Eutern des weiblichen Geschlechtes derselben befindlich ist, von der Natur zur Ernährung der Jungen bestimmt worden, und welcher aus Butter, Käse und Molken besteht. 1) Eigentlich. Frauenmilch, Kuhmilch, Schafmilch, Ziegenmilch, Eselsmilch u.s.f. Frische Milch. Süße Milch, im Gegensatze der sauern, oder sauer gewordenen Milch. Geronnene Milch, welche auch Käse, Keller, Schlocken, Schlotten, im Nieders. Plundermilch und Pumpermilch genannt wird. Dicke Milch, sie sey nun gelabt, oder sauer gewordene Milch. Er sieht aus, wie Milch und Blut, sehr weiß und roth. Etwas mit der Milch, oder mit der Muttermilch einsaugen, gewisse Gesinnungen von der zartesten Jugend an annehmen. 2) Figürlich werden verschiedene Arten flüssiger Körper entweder wegen der Ähnlichkeit in der Farbe und Consistenz, oder auch wegen ihrer milden Beschaffenheit eine Milch genannt. So führet diesen Nahmen der milchweiße dickliche Saft, welcher in manchen Pflanzen enthalten ist, daher diese Pflanzen selbst auch Milch genannt werden, S. Hundsmilch und Wolfsmilch. In den Küchen und Apotheken ist die Milch ein aus Kernen und andern Öhl gebenden Samen und Früchten bereitetes weißes dickliches Getränk, S. Mandelmilch. Die beste Art des Rheinweines, welche in einem kleinen Bezirke bey Worms wächset, führet daselbst den Nahmen unserer lieben Frauen Milch, wegen seiner milden Beschaffenheit. Auf ähnliche Art nennet schon Aristophanes den Wein überhaupt αφροδιτƞς γαλα, Venus-Milch.

Anm. Im Isidor Mlluh, bey dem Willeram Milich, Milch, im Nieders. Melk, im Angels. Meolc, Meoluc, im Engl. Milk, im Dän. Mälk, im Schwed. Mjölk, im Wend. Melauca, Mleku, im Böhm. Mleko. Es ist allem Ansehen nach aus mel, mil, und der Ableitungssylbe -ich, ein Ding, zusammen gesetzet, und dieses mel oder mil gehöret ohne Zweifel zu dem Geschlechte unsers milde, und des Lat. mollis. Die Milch ist einer der mildesten flüssigen Körper in der Natur, man sehe nun auf die Consistenz, oder auf den Geschmack, oder auch auf die Farbe. Hieraus erhellet zugleich die Verwandtschaft mit dem Lat. Mel[205] und Griech. μελι, Honig, mit dem Griech. μειλιχος, milde, mit unserm schmelzen, mahlen, melken, mulgere, u.a.m. und dem Isländ. miallr, weiß, indem die weiße Farbe die mildeste unter allen Farben ist. Das Lat. Lac scheinet mit unserm Leich verwandt zu seyn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 205-206.
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