Minne, die

[215] * Die Minne, plur. car. ein veraltetes Wort, welches ehedem die Liebe bedeutete, und von der Liebe aller Art gebraucht wurde. Der heilig geyst entzündet den Menschen zu gotes Minne und zu des nächsten Liebe, im Buche der Natur, Augsb. 1483. Von welcher Art der Liebe es, so wie das Zeitwort minnen; lieben, so wohl bey dem Ottfried, als den Schwäbischen Dichtern häufig vorkommt, die es auch für Freundschaft gebrauchen. Von der Liebe gegen das andere Geschlecht wird es bey den Dichtern des mittlern Zeitalters freylich sehr häufig gefunden; allein, daraus folget noch nicht, daß es, wie ein neuer Schriftsteller behauptet,[215] auf diese allein eingeschränket gewesen, indem man sich durch ein Paar Blicke in dergleichen Schriftsteller von dem Gegentheile überzeugen kann. Da man dieses Wort endlich sehr häufig von der fleischlichen Vermischung gebrauchte, um einen anstößigen Gegenstand durch ein unschuldiges Wort auszudrucken, so machte vermuthlich dieser Mißbrauch, daß es mit allen seinen Ableitungen nach und nach verächtlich wurde, und endlich gar veraltete. Im Holländ. ist es indessen noch jetzt üblich. Das Zeitwort minnen, lieben, und figürlich küssen, ist allem Ansehen nach das Intensivum von meinen, so fern es ehedem günstig seyn, wohl wollen, bedeutete; S. Meinen. Das Hauptwort Minne ist das Abstractum davon. Das Franz. Mignon, ein Liebling, stammet gleichfalls daher. Im Nieders. pflegen die kleinen Kinder ihre Ammen und Wärterinnen noch Minne zu nennen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 215-216.
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