Nachgeben

[372] Nachgèben, verb. irreg. (S. Geben,) welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1. Als ein Activum, nachdem man schon gegeben hat, von neuem geben. Ungeachtet der Käufer das Gut schon bezahlet hatte, mußte er noch hundert Thaler nachgeben. Das Buch wird auf Vorschuß gedruckt, so daß nichts nachgegeben wird. S. Nachschießen.

2. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Die Spannung vermindern, nachlassen; wo es als ein Activum gebraucht werden könnte, aber doch nur absolute, und als ein Neutrum üblich ist. Man gibt nach, wenn man einen Faden, ein Band, ein Seil, welches man hält, nachlässet, ihm mehr Länge verstattet. Ingleichen, wenn man eine Schraube lockrer schraubet, und in andern ähnlichen Fällen mehr. Nieders. firen, S. Feyern. 2) Aufhören, Widerstand zu leisten. (a) Eigentlich von körperlichen Dingen. Der Boden gibt nach, wenn er ausweicht. Ein Stein in der Wand, auf welchen man tritt, gibt nach, wenn er weicht. (b) Figürlich. α) Aufhören zu widersprechen, oder zu widerstehen. So gibt man nach, wenn man den Widerspruch oder den Widerstand unterlässet; wo es auch mit der dritten Endung der Person gebraucht wird, einem nachgeben. Sehr nachgebend seyn, Fertigkeit besitzen, allen Widerspruch oder Widerstand zu mäßigen oder zu unterlassen; nachgiebig, Nieders. nagevern. In welcher Bedeutung es auch die Comparation leidet,[372] nachgebender, nachgebendste. In weiterer Bedeutung ist es oft überhaupt so viel, als aufhören mit der bisherigen Kraft zu wirken; nachlassen. So geben bey den Jägern die Hunde nach, wenn sie aufhören zu suchen. β) Einem nichts nachgeben, ihm nicht nachstehen, nicht geringer seyn, so wohl in gutem, als nachtheiligem Verstande. In der Dicke, im Reichthum, in der Tugend, in der Betriegerey gibt er dir nichts nach, er ist dir darin völlig gleich. γ) * Zugeben, einräumen; doch nur im Oberdeutschen.


Ich hab, ich geb es nach, des Herren Bund verhöhnt,

Gryph.


So auch die Nachgebung, wofür doch das Nachgeben üblicher ist. Nieders. nageven.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 372-373.
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