Nöthig

[530] Nöthig, -er, -ste, adj. et adv. Noth habend, in derselben gegründet; doch nur in einigen Fällen des Hauptwortes.

1. Subjective, in Ansehung der Person. 1) In der weitesten Bedeutung, in der dritten und sechsten Bedeutung des Hauptwortes, doch nur als ein Nebenwort, und mit dem Zeitworte haben. Etwas nöthig haben, es nicht haben, da man es doch gebrauchen, es nur Erreichung einer Absicht, zur Hervorbringung einer Veränderung anwenden könnte, ohne den Grad dieses Bedürfnisses zu bestimmen. Geld nöthig haben, es bedürfen. Ich habe Hülfe nöthig. Man hat ihn nicht mehr nöthig. Ihr Herz scheint keinen großen Antrieb mehr nöthig zu haben, Gell. Etwas sehr nöthig, hoch nöthig haben. Er hat es nöthig. Im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung. Einer Sache nöthig haben. 2) In engerer Bedeutung. (a) * In Noth befindlich, in der siebenten Bedeutung des Hauptwortes; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung. Im Bergbaue ist eine wassersnöthige Zeche, welche Noth von Wasser leidet, zu viel Wasser hat. (b) * Arm, dürftig; in welchem Verstande es im Hochdeutschen gleichfalls veraltet ist.

2. Objective, in Ansehung der Sache. 1) Zur Erreichung einer Absicht, zur Hervorbringung einer Veränderung erforderlich und dienlich, in der dritten und sechsten Bedeutung des Hauptwortes Noth, und im Gegensatze des unnöthig. Jemanden mit den nöthigen Hülfsmitteln versehen. Die nöthige Kleidung, welche nicht bloß zur Nothdurft, sondern auch zur Bequemlichkeit und zum Wohlstande erfordert wird. Eine nöthige Sache. Etwas für nöthig halten, befinden. Wenn du es für nöthig befindest, Gell. Es ist nöthig, es ist nicht nöthig. Seine Miene sagt mehr als nöthig ist, den Verdacht gegen ihre Tugend zu bestärken, Gell. Wozu ist das nöthig? Ich werde bey diesem Gespräche wohl nicht nöthig seyn. Es ist nicht nöthig, daß[530] du hingehest. Das nöthigste von etwas wissen. Sehr nöthig, hoch nöthig, höchst nöthig, drucken auch hier die höhern Grade aus. Das Nöthige wird auch zuweilen in der anständigen Schreibart für die Nothdurft gebraucht. Soll ich dich an dem Nöthigen Mangel leiden sehen? Dusch. 2) * Zur Erreichung einer Absicht unentbehrlich, den Umständen nach unvermeidlich; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, wo es für nothwendig bey den Oberdeutschen Schrifttellern mehrmals vorkommt. Die Sache muß nöthig da seyn, Opitz, für nothwendig. Ich muß nöthig schreiben, nothwendig. Daher Opitz auch Nöthigkeit für Nothwendigkeit gebraucht.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 530-531.
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