Oheim, der

[590] Der Oheim, zusammen gezogen der Ohm, des -es, plur. die -e, Fämin. die Oheime, zusammen gezogen die Ohme, plur. die -n, des Vaters oder der Mutter Bruder, und im Fämin. des Vaters oder der Mutter Schwester. Es ist in den gemeinen Sprecharten Ober- und Nieder-Deutschlandes am üblichsten, kommt aber auch in der Kanzelleysprache vor, wo der Kaiser die weltlichen Churfürsten, so wie die meisten altfürstlichen, Oheim zu nennen pflegt; vermuthlich so fern dieses Wort ehedem, wie aus dem Frisch erhellet, auch des Bruders und der Schwester Kinder zu bezeichnen pflegte, wofür jetzt die Wörter Neffe und Nichte üblicher sind, so daß die Neffen und Nichten so wohl ihrer Ältern Geschwister, als auch diese jene Oheim nannten. Im Bremischen wird des Bruders oder der Schwester Kind noch jetzt auf dem Lande Öhm und Öhme genannt. Der Großoheim oder Großohm, des Vaters oder der Mutter Oheim. Das weibliche Oheime und Ohme scheint seltener gebraucht zu werden; indessen kommt es doch Amos 6, 10 für Muhme vor: ein jeglicher muß seine Ohme nehmen.

Anm. In dem alten Fragmente auf Carln den Großen Ohein, in Schwaben und der Schweiz noch jetzt Ohan, Ohen, Ohein, im Nieders. Ohm, im Diminut. Öhmken, Öhmke, im Angels. Eam. In dem alten Augsburg. Stadtrechte bey dem Schilter heißt es: Wer die frunt sien, die einen zer echt bringen mugen. Das fullen sin des mannes vater und sin mutter, wip und kint, bruder und swester, bruder kinde und swester chinde, vettern und vettern chinde, öhan und öhaus kind. Wasen unt Mumen und iro chinde. Frisch ließ es, freylich gezwungen genug, von dem Latein. Avunculus abstammen. Weit wahrscheinlicher ist es, daß es mit dem alten Amme, Mutter, Ahn, und, so fern es auch einen Neffen bedeutet, mit Enkel und Enke verwandt ist, und überhaupt einen nahen Verwandten bedeutet, so wie Muhme und Mamma, Mutter, auf gleiche Art verwandt sind. Schon im Arab. bedeutet Am, dem Bremisch-Nieders. Wörterbuche zu Folge, einen Vaterbruder. In den Münzen werden an einigen Orten noch die zünftigen Arbeiter Ohme oder Ohmen, und ihre Zunft oder Gesellschaft die Ohmschaft, Öhenschaft, genannt; woraus denn erhellet, daß es auch in weiterer Bedeutung von einem jeden Verbundenen, in Gesellschaft und Gemeinschaft stehenden gebraucht worden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 590.
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