Paradies, das

[656] Das Paradīes, des -es, plur. die -e, Diminut. das Paradieschen, Oberd. das Paradieslein. 1. Eigentlich, die anfängliche Wohnung der ersten Menschen, welche als ein überaus angenehmer Ort beschrieben wird, und im ersten Buche Mosis der Garten in Eden, der Garten Eden heißt. 2. Figürlich. 1) Ein höchst angenehmer Ort, eine überaus anmuthige Gegend. Sehen sie, wie ich mir meine Einöde zu einem Paradiese zu machen weiß. 2) Der Aufenthalt der Seligen nach diesem Leben, die himmlische Glückseligkeit in dem unmittelbaren Genusse Gottes; in welchem Verstande es schon in der Deutschen Bibel vorkommt.

Anm. Schon im Isidor und bey dem Ottfried Paradis, nach dem Griech. und Latein. παραδεισος, Paradisus, welches Wort, so Griechisch es auch aussiehet, dennoch aus dem Morgenländischen herzustammen scheinet, weil das Paradies auch im Persischen Fardeus heißt, und die Überlieferung von dem Paradiese der ersten Menschen bey allen alten Völkern angetroffen wird. Ottfried nennet dieses Paradies auch Wunnisam feld, Notker und andere alte Schriftsteller aber Vunno gartin, Wonnegarten, und Ziergarten, wofür es an einem Orte bey dem Notker, vermuthlich nach einer falschen Leseart, Zartkartin heißt. Ehedem wurde auch die Halle vor den großen Stiftskirchen Paradisus, Paravisus, Franz. Parvis, Deutsch auch Perdīs genannt; nicht, wie Frisch will, weil insgemein Adam und Eva im Paradiese daselbst abgebildet wurden, sondern von dem Griech. παραδεισος, welches Hesychius durch τοπον εν τω περιπατοι erkläret. Die folgenden Zusammensetzungen haben dieses Wort theils wegen ihrer angenehmen Beschaffenheit erhalten, theils gründen sie sich auf eine alte Überlieferung, daß dieses oder jenes Ding in dem Paradiese der ersten Menschen befindlich gewesen sey.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 656.
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