Quälen

[878] Quälen, verb. reg. act. Qual, d.i. einen sehr hohen Grad so wohl körperlicher Schmerzen, als auch der Unlust des Gemüthes verursachen, mit der vierten Endung der Person. Von der Gicht gequälet werden. Sich mit Sorgen quälen. Quälende Gedanken. Traurige Ahndungen verfolgen mich, und die Nächte quälen mich mit fürchterlichen Träumen, Weiße. Ich quäle mich unaufhörlich mit den nagenden Vorwürfen, dich unglücklich gemacht zu haben, Dusch. Die Farben quälen, nach dem Franz. tourmenter, bey den Mahlern, sie ungebührlich aus einander streichen. Das Hauptwort die Quälung ist nicht gebräuchlich.

Anm. Bey dem Ottfried qualen und quellen, bey dem Willeram quelen, im Schwed. qvälja. Die erste eigentliche Bedeutung dieses Wortes und dessen Abstammung ist so ausgemacht noch nicht. Bald scheinet es, daß das u oder vielmehr w nach dem q ein bloßer Zusatz sey, da es denn zu dem Nieders. Köle, Pein, Schmerz, killen, heftig schmerzen, und zu Notkers Chala, Leiden, Schmerz, Chelunga, Peinigung, und chalelicho, ängstlich, gehören würde. S. auch Kalt. Bald aber scheinet das w zum Stamme zu gehören und der Gaumenlaut der Zusatz zu seyn, denn im Schwed. ist vålla ängstigen, quälen; und da b und w sehr nahe verwandt sind, so würde auch das alte Bal, das Übel, Angels. Balo, bey dem Schilter Wala, mit seinen Verwandten dahin gehören, zumahl da Qual im Flandrischen ehedem auch Boßheit bedeutete. Dem sey wie ihm wolle, so scheinet Qual und quälen zunächst Bewegung ung bewegen, oder körperlichen Zwang[878] bedeutet zu haben. Im Engl. ist to quell, zähmen, bezwingen, im Isländ. quella, und bey dem Ottfried irquellen ersticken, im Schwed. Qval Enge, Hinderniß, und qvälja, eigentlich, Ekel erwecken. Es könnte alsdann mit zwagen, zwacken, zwicken verwandt, und das Intensivum des erstern seyn; zwagelen, zusammen gezogen zwählen, wie schmählen für schmähelen oder schmächelen, woraus mit Veränderung des Vorschlages leicht quälen werden können, so wie man für quer im Niederd. dwer und im Oberd. zwerch, für Quehle auch Dwehle und Zwehle sagt, S. Q. Könnte diese Abstammung erweislicher gemacht werden, so würde man zum Andenken des heraus geworfenen Gaumenlautes, richtiger Quahl und quählen schreiben S. L. Ehedem gab es auch ein Neutrum quälen oder qualen, welches wehklagen bedeutete, und als ein Reciprocum bey dem Ottfried sih qualenlautet. Do ich ir tet kunt Das ich tobte und quele Vmb it vil guetlichen mund, Heinrich von Morunge. Welches aber auch ein eigenes zu Gall und gällen gehöriges Wort seyn kann. Übrigens werden in dem 1523 zu Basel gedruckten neuen Testamente Qual und quelen, als unbekannte Wörter, durch Pein, Krankheit, und peinigen erkläret.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 878-879.
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