Räumen

[979] Räumen, verb. reg. act. Raum machen, durch Wegschaffung solcher Körper, welche denselben verengen, wo es noch auf eine doppelte Art gebraucht wird.

1. Mit der vierten Endung derjenigen Sache, welche aus dem Wege geschaffet wird, mit ausdrücklicher Benennung des Ortes. Das Holz von dem Hofe, die Steine aus dem Wege räumen. Ingleichen in einigen figürlichen R.A. Alle Hindernisse, Zweifel, Anstöße, Bedenklichkeiten u.s.f. aus dem Wege räumen,[979] sie fortschaffen. Einen Menschen aus dem Wege räumen, ihn mit List oder heimlicher Gewalt aus der Welt schaffen.

2. Mit der vierten Endung des Ortes, in welchem durch Wegschaffung der körperlichen Hindernisse der nöthige Raum geschaffet wird. 1) Eigentlich. Einen Platz von dem Schutte räumen. Eine Brandstelle räumen, den Schutt von derselben wegschaffen. Räumet den Weg, hebet die Anstöße aus dem Wege, Es. 57, 14. Ich habe das Haus (für dich) geräumt und für die Kamele auch Platz gemacht, 1 Mos. 24, 31. Ingleichen absolute. Zu der Wurzel eines Baumes räumen, die Wurzel eines Baumes von der Erde entblößen. Zu den Flügeln räumen, im Jagdwesen, durch Fällung der Bäume Wege zu den Flügeln bahnen. In dem Weinbaue ist das Räumen eine Arbeit, da man die Erde um die Wurzeln des Weinstockes auflockert, und zugleich die Wasserwurzeln abreißet. 2) In engerer Bedeutung räumet man einen Ort oder eine Sache, wenn man das Unreine oder Unnütze aus derselben wegschaffet. Einen Brunnen, einen Graben, einen Hasen, einen Tuch räumen, durch Wegschaffung des Schlammes oder hinderlichen Sandes. Die Pfeife räumen. Das Zündloch eines Schießgewehres räumen u.s.f. 3) Figürlich bedeutet einen Ort räumen, denselben verlassen. Ihm die Burg zu räumen und einzugeben, 1 Macc. 11, 41. Sonst müsset ihr die Welt räumen, 1 Cor. 5, 10. Einem das Zimmer räumen, es verlassen und dem andern eingehen. Am häufigsten gebraucht man es noch von einer erzwungenen und zugleich schnellen Verlassung. Das Feld im Kriege räumen müssen. Das Land räumen, landflüchtig werden. Ein Haus räumen müssen, plötzlich ausziehen. Ehedem sagte man auch, den Sattel räumen, aus dem Sattel gehoben werden, und einem räumen, ihm ausweichen.

Daher die Räumung in den ersten, und das Räumen in allen Bedeutungen.

Anm. Bey dem Ottfried, Notker und andern ruman, wo es auch häufig für verlassen vorkommt, im Oberd. raumen, im Nieders. rümen, im Angels. rumian, rymian, im Schwed. rymma. Bey dem Notker kommt es auch als ein Neutrum für abwesend seyn vor, welche Bedeutung auch das Schwed. rymma noch hat. Ottfried hingegen gebraucht es auch theils für öffnen, theils für abwenden. Unser räumen scheinet zunächst von dem Hauptworte Raum abzustammen. Ehedem war es von weiterm Umfange, und bedeutete, eine viel umfangende, weit schweifende Bewegung machen. So gebraucht Notker ruman von den herum schweifenden Vögeln, S. auch Rahmen, die Zeitwörter, welche noch davon abstammen, besonders 3 Rahmen, ingleichen die Intensiva und Iterativa, Rammen und Rammeln.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 979-980.
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