Rune, die

[1214] Die Rune, plur. die -n, ein aus den nordischen, besonders der Schwedischen Sprache angenommenes Wort, diejenigen geradlinigen Buchstaben zu bezeichnen, deren sich die ältesten nordischen Völker bedieneten, ehe sie in den spätern Zeiten die Lateinischen Figuren annahmen. Die ältern Schweden, Dänen, Norweger und Isländer schrieben mit Runen. Daher die Runenschrift eine aus Runen bestehende Schrift. Der Runenstab, ein Stab, in welchem solche Runen eingeschnitten sind, der den ältern Schweden statt eines Kalenders dienete, und noch in einigen Provinzen unter dem gemeinen Manne üblich ist.

Anm. Schwed. Runa. Die meisten, auch besten Sprachforscher, z.B. Ihre, sind bey Ableitung dieses Wortes auf das auch im Deutschen übliche raunen, murmeln, flistern, und in engerer Bedeutung, geheimnißvolle, zauberische Formeln hermurmeln gefallen, und erklären die Runen durch geheimnißvolle Zeichen, Zauberzeichen. Allein bey 1 Raunen ist schon bemerkt worden daß es aller überwiegenden Wahrscheinlichkeit nach von raunen, runen, schneiden, abstamme. In den alten Zeiten der Einfalt, wo Leibesstärke alles galt, war des Schreibens sehr wenig, und wo man ja eine Schrift gebrauchte, so schnitt man die Buchstaben welche doch nur wenigen bekannt waren, in hölzerne Tafeln oder Stäbe, und ein solcher mit Buchstaben beschnittener Stab hieß ein Runstab. Auch die gesittetsten Völker kannten in der Kindheit ihres Geistes und ihrer Wissenschaften keine andere Art zu schreiben. Von unsern alten Deutschen finden sich gleichfalls Spuren davon. Fortunatus, ein Schriftsteller des sechsten Jahrh. gedenket ihrer, und bey dem Kero, unserm ältesten Schriftsteller, kommt das Wort Runstaba von einem Sendschreiben vor, d.i. eigentlich von einem mit Schrift beschnittenen Stabe; woraus denn erhellet, daß auch unsere Vorfahren in den ältesten Zeiten eine Art von Runen gehabt haben, die aber mit ihrem Nahmen sehr bald verloren gegangen, als man aufhörte, wenige Worte mit plumpern geradlinigen Zügen auf Holz oder Stein zu schneiden. S. u. Raunen, Runse und Buchstab.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1214.
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