Same, der

[1265] Der Same, des -ns, plur. doch nur von mehrern Arten, die -n. 1. Eigentlich, diejenigen Theile der Gewächse, welche nach der Blüthe zum Vorschein kommen, und woraus wieder andere Gewächse eben derselben Art erzeuget werden. Samen bringen, tragen. In der weitesten Bedeutung können alle diese Theile, sie haben übrigens eine Gestalt welche sie wollen, den Nahmen des Samens zu führen, und alsdann gehören auch die Nüsse, und besonders ihre Kerne, mit dahin. Allein in engerer und gewöhnlicherer Bedeutung wird nur der aus eigentlichen Körnern bestehende Same mit diesem Nahmen belegt, obgleich bey den eigentlichen Früchten und Beeren auch das Wort Kern üblich ist. 1) Im eigentlichsten Verstande. Der Flachsame, Hanfsame, Kohlsame, Rübensame u.s.f. Das Senfkorn ist das kleinste unter allen Samen, Matth. 13, 32. Einen Samen säen. Der Same gehet auf. Von den Getreidearten gebraucht man dieses Wort nur in so fern, als sie zur Fortpflanzung ihres Geschlechtes bestimmt sind. Den Samen ausstreuen, säen. Obgleich auch hier die zusammen gesetzten Samenkorn, Samengerste, Samenerbsen u.s.f. üblicher sind, wofür man auch Saatkorn, Saatgerste u.s.f. sagt. Same ist ein Collectivum; soll ein einzelnes Korn bezeichnet werden, so setzet man das Wort Korn daran, zwey Samenkörner. 2) Figürlich. (a) In einigen Gegenden wird auch das grüne Getreide, ehe es schosset, Samen genannt, wofür man in Ober- und Niedersachsen Saat sagt. Der Same stehet schön, das junge Getreide, die Frucht. (b) Der Same des göttlichen Wortes, der Same guter Lehren, so fern sie nach ihrer Bekanntmachung Frucht bringen, d.i. heilsame Wirkungen haben können und sollen. Auch der erste Anfang zu sittlichen Veränderungen, die Fähigkeit dazu, die wirkende oder veranlassende Ursache derselben, wird oft ihr Same genannt. Kinder müssen den Samen einer frühen Tugend nicht unter dem Unkraute der falschen Meinungen – ersticken lassen, Gell. Der Same alles Bösen ist Finsterniß, Herd. wo doch die Figur ein wenig hart ist.

2. In weiterer Bedeutung, diejenige flüssige Materie, wodurch das Geschlecht der Menschen und Thiere fortgepflanzet wird. 1) Eigentlich. Der männliche Same, diejenige Flüssigkeit, womit ein männlicher Körper den weiblichen befruchtet. Der weibliche Same, eine ihm ähnliche Flüssigkeit in den weiblichen Körpern, welcher aber keine befruchtende Kraft hat. 2) Figürlich. (a) Die junge Brut der Fische und mancher Insecten wird sehr häufig der Same genannt. Von den Fischen gebraucht man dieses Wort bis sie zwey Jahr alt sind. (b) In der Deutschen Bibel bezeichnet dieses Wort sehr häufig die Nachkommen. Im Deutschen ist diese morgenländische Figur ungewöhnlich.[1265]

Anm. 1. Im Hüttenbaue kommt dieses Wort noch in einer doppelten Bedeutung vor, wo es aber noch ungewiß ist, ob es nicht vielmehr zu andern Stämmen gehöret. Bey den Seigern werden diejenigen Schlacken, welche noch Metall enthalten, der Same genannt, wo es allenfalls eine Figur von der ersten Bedeutung seyn könnte. Eben daselbst heißt die flache Grube in den Pochwerken unter dem Planenherde, in welcher der abfallende Schlich aufgefangen wird, der Same, wo der Begriff eines hohlen Raumes der herrschende zu seyn scheinet, dessen dieses Wort, als ein ursprünglicher Ausdruck einer gewissen schnellen Bewegung, wie alle andere Wörter dieser Art, gar wohl fähig ist.

2. Dieses Wort lautet schon im Isidor Sami, bey dem Notker Samo, im Lat. Semen, im Böhm. Syme, Semeno, im Pohlnischen Siemie, im Dalmat. Szime, im Türkischen Sembil, und selbst in der alten Ägyptischen Sprache Dsom und Som. Es stammet von säen ab, welches den mit dieser Handlung verbundenen Laut nachahmet, daher auch Same ursprünglich das Geräusch, das Samen oder Sammen mehrerer bey einander befindlicher Dinge gewisser Art ausdruckt. S. Sam und Säen. Mit einem andern Endlaute ist dafür im Nieders. und in den verwandten Sprachen Saat üblich, S. dasselbe. Das doppelte a, welches einige Neuere in diesem Worte einzuführen gesucht, hat nichts zu seiner Vertheidigung. Bey vielen lautet dieses Wort in der ersten Endung Samen. Im Hochdeutschen ist dieses ungewöhnlich, obgleich die folgenden Endungen dieses n behalten.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1265-1266.
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